Mit dem 150. Kirchweihfest des heutigen Gotteshauses und dem 26. Steirertreffen international begangen
Die Banater Berglanddeutschen feierten zusammen mit zahlreichen Gästen von nah und fern am 4. Juni das 150-jährige Jubiläum der heutigen römisch-katholischen Kirche in Steierdorf sowie 250 Jahre seit der steirischen Ansiedlung. Das Demokratische Forum der Deutschen von Steierdorf, die Gemeindeverwaltung Anina und die römisch-katholische Pfarrei haben gemeinsam ein würdiges Jubiläumsfest mit sichtbaren Zeichen gefeiert. Zu diesem Anlass fand auch das 26. Steirertreffen mit der Teilnahme von Steirern aus dem Banater Bergland (Rumänien), aus der Untersteiermark (Slowenien) und aus dem Bundesland Steiermark (Österreich) zum zweiten Mal in Rumänien statt.
Der Ablauf des Kirchweihfestes war größtenteils der bekannte, traditionelle: Blasmusik und Aufmarsch, Aufstellen des Kirchweihbaums am Marktplatz und freier Tanz, Heilige Messe, Kulturprogramm, Versteigerung des Kirchweihstraußes, gemeinsames Mittagsmahl und Kirchweihball. Doch schon am kühlen Morgen des Allerhl. Dreifaltigkeitssonntags war zu bemerken, dass doch besonders gefeiert werden sollte: Besucher staunten nicht schlecht, an der vor einem Jahr noch mit Baumstämmen belegten brachen Stelle neben dem Kirchvorplatz und gegenüber des Forumssitzes und der Schule ein neues Holz-Blockhaus zu finden, daneben ein altes Steinkreuz mit der Inschrift „Hier wurde die erste hl. Messe gehalten 1773“ und die Jahreszahl 1847. Aus den Lautsprechern waren die „Scherzlgeiger“ aus dem Chiemgau zu hören, die unter der Anleitung des Steierdorfer Musikers Sepp-Karl Kaschak 1999 die CD „Volksmusik aus Steierdorf“ aufgezeichnet hatten. So erklang beispielsweise auch das „Steierdorfer Lied“ mal wieder in den steilen Gässchen rund ums Forum: „In Stei’dorf is a schmales Gassl“. Es folgte die offizielle Einweihung dessen, was der Nachbau einer der ersten Blockhütten sein soll, in der die Steierdorfer Holzarbeiter 1773 wohnten. Das Bürgermeisteramt hat die finanzielle Last der Errichtung nach im Hofkammerarchiv Wien gefundenen Skizzen getragen.
Die Eröffnungsansprachen hielten Ortsforumsvorsitzender Dan Vlad und der Aninaer Bürgermeister, Daniel Danu, nebst Erwin Josef Țigla, der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen, Florin Lătărețu, Vorsitzender der HOG Steierdorf-Anina und Dr. Alexander Maicovski, Obmann des Alpenländischen Kulturverbands Graz. Die Vorstellung einer kurzen Gründungsgeschichte der Ortschaft übernahm Cristian-Liviu Mosoroceanu von der freiwilligen Feuerwehr. An alle Teilnehmer wurden Jubiläumsanstecknadeln verteilt. Das Logo ist übrigens auch im Hauptflur der Mathias-Hammer Gymnasialschule Nr. 2 von der Lehrerin Andreea Fechită großformatig gemalt worden.
Seit Jahrzehnten nimmt der Ehrenvorsitzende des Alpenländischen Kulturverbands Graz, Dr. Reinhold Reimann, an den Veranstaltungen im Banater Bergland teil, und er ließ es sich nicht nehmen, auch zum 26. Steirertreffen mit weiteren rund 30 Teilnehmern aus Österreich und Slowenien nach Rumänien zu reisen. Dr. Alexander Maicovski hat erst vor Kurzem den Vorsitz des Verbands übernommen, ist zum ersten Mal in Steierdorf gewesen und hat den Steierdorfern als Gastgeschenk Musik (Grazer Bläserquartett) und etwas Bleibendes mitgebracht: Eine Granittafel, die mittig unter den Treppen zur Bergkirche an das Doppeljubiläum erinnern soll. Veronika Haring aus Marburg an der Drau stellte in Reschitza im Vortrag die 2022 erschienene Anthologie „Zwischenmenschliche Bindungen. 21. Sammelband des Kulturvereins Deutschsprachiger Frauen BRÜCKEN“ vor. Die Herzlichkeit, die Musik und die Trachten seien das offensichtlich Gemeinsame der drei Steirergruppen, so Dr. Maicovski. Davon überzeugen konnte sich auch Ionela von Rees-Zota, Vorsitzende des Deutsch-Rumänischen Kulturzentrums Nürnberg. Das Kulturprogramm bestritten die Steierdorfer Tanzgruppen 2023 und die Generation 2003 (Koordination: Gabriela Plestici), die kleine und große „Enzian“-Volkstanzgruppe Reschitza (Koordination: Marianne & Nelu Florea) nebst Gästen aus der Steiermark. Die Steierdorfer Blasmusik spielte ein Platzkonzert, das vom „Franz Stürmer“-Chor Reschitza, dirigiert von Elena Cozâltea, musikalisch ergänzt wurde. Das Bläserquartett aus Graz gestaltete sowohl die festliche Messe mit, zu der Ortspfarrer Martin Jäger als Gast zum Mitzelebrieren den katholischen Pfarrer aus Orawitza/Oravița, Augustin Bărbuț, eingeladen hatte, als auch den musikalischen Rahmen zur Enthüllung der Gedenktafel. Die Reschitzaer bereicherten das Jubiläumsfest auch mit einer Ausstellung des Malerei-Kreises „Deutsche Kunst Reschitza“ (Leitung: Doina und Gustav Hlinka) in der Galerie des Museal-Zentrums Anina. Der Grazer Gemeinderat Dr. Peter Piffl-Percevic ließ es sich nicht nehmen, den Kirchweihstrauß zu ersteigern, aber auch anschließend einem zu Tränen gerührten jungen Steierdorfer (Elvis Mirică) zu schenken. „Wenn man sieht, wie die Kinder hier die Volkstänze tanzen, wie hier gesungen wird, wie auch die Priester mit dem Volk, den Gläubigen dieses Jubiläum begehen, dann wird man sehr demütig.“ Die Banater hätten durch das Josef-Krainer-Haus seit mehreren Jahrzehnten eine beachtliche humanitäre Stütze, so Gemeinderat Dr. Peter Piffl-Percevic, der die Grazer Bürgermeisterin, Elke Kahr, vertrat. Nach den herzlichen Begegnungen, dem Tanz zur Musik der Miti-Omescu-Band und Gabriela Plestici, bleiben sichtbare Zeichen in Steierdorf von dem Jubiläum zu 250 Jahre Ansiedlung, aber in den Herzen der Steierdorfer und ihrer Freunde ist der sonnige 4. Juni mit vielen Glücksgefühlen eingemeißelt.
Astrid Weisz
Orts- und Kirchengeschichte Steierdorf
Auszüge aus dem Vortrag zum 250. Siedlungsjubiläum und 150. Kirchweihfest
Der Krieg zwischen dem Habsburgerreich und dem Osmanischen Reich von 1738/1739 führte auch im „Kronland“ Temescher Banat, genauer gesagt im Banater Bergland, zu einer teilweisen Zerstörung der Industrie, was schwere Auswirkungen hatte auf die in dieser Zeit kolonisierten Ortschaften, unter Kaiser Karl VI. und gegründet vom Militärbefehlshaber und Präsident der kaiserlichen Verwaltung des Banats (1716–1734), Graf Claudius Florimund von Mercy. Daher war es nach dem Krieg notwendig, die Bergwerke und metallurgischen Anlagen, meist mit Hilfe neuer Siedler, wieder aufzubauen. In allen vier Gebirgsbezirken des Banats (Orawitza, Dognacska, Moldova und Saska) gab es eine Kupferhütte, die teilweise auch über mit Schmiedehämmern ausgestattete Werkstätten zur Verarbeitung verfügten…. Unter diesen Bedingungen greift die Banater Bergbaudirektion erneut auf die Kolonisierung der Arbeitskräfte aus dem Imperium zurück. Im Frühjahr 1773 beauftragte die Direktion den Zeugschreiber Peter Kastel mit der Anwerbung von Holzfällern und Bergleuten aus den von der Wiener Münzund Bergwerkskammer bezeichneten Gebieten. Es gelingt ihm, 50 Holzfäller und Köhler sowie einen Kohlmeister und ihre Familien zusammenzutrommeln. Die neuen Siedler kamen am 6. Juni in Wien an, wo sie zwei Tage später ein Schiff bestiegen und auf der Donau nach Panciova fuhren. Von hier aus setzten sie ihren Weg nach Neupalanka/Palanca Nouă und dann weiter nach Orawitza zu ihrem endgültigen Ziel fort. So traf am 24. Juni 1773 die erste Siedlergruppe, 34 Familien, nordöstlich von Orawitza ein. Da die größte Siedlergruppe aus der Steiermark stammte, erhielt die neue Kolonie den Namen Steirerdorf (Dorf der Steirer), später Steierdorf, und der Judinabach, der Steierdorf durchquert, wurde in Steierbach umbenannt. (…) Nach nur einer Woche, am 1. Juli 1773, wurde die erste heilige Messe unter freiem Himmel durch den Orawitzaer Kaplan Franz Sommer zelebriert, wobei der Stumpf einer alten Rotbuche als Altar diente. An derselben Stelle bauten die Siedler ein Holzhaus, das bis 1787 als Kirche diente. Im Juni 1871 begann der Abriss der alten Kirche. (…) Der milde Frühling des Jahres 1872 ermöglichte einen frühen Baubeginn und der besonders schöne Sommer desselben Jahres trug wesentlich zum Baufortschritt bei. Dank des günstigen Wetters und des Fleißes der Arbeiter konnte am 1. August 1872 das Kreuz auf dem Kirchturm geweiht und aufgestellt werden. Die drei Glocken wurden bei der kaiserlichen Hofgießerei in Wien, beim Hofglockengießer Ignaz Hilzer bestellt und am 5. Januar 1873 vom Erzdechant Dr. Karl Specht aus Orawitza ihrem Dienst gewidmet und geweiht. Die 12-Register-Orgel für die Kirche wurde für 3000 Gulden von Alois Hörbinger aus Werschetz gekauft und im Mai 1873 eingebaut. Ihre Kosten wurden, ebenso wie die 2000 Gulden für die Glocken, von den Bewohnern der Kolonie getragen. Auch die Innenausstattung der Kirche wurde mit der unschätzbaren Hilfe von Bischof Alexander von Bonnaz geschaffen: Er bestellte beim Bildhauer Anselm Sikinger aus München den Hauptaltar, die Kanzel, den Beichtstuhl und die Bänke, das Gemälde auf dem Altar. Am Morgen des 8. Juni 1873 begannen die neuen Glocken der Kirche in der Gemeinde Steierdorf zu läuten und gleichzeitig wurden Böllerschüsse abgefeuert, was die Bedeutung dieses Tages verdeutlichte. Die Kirche und der Innenhof erwiesen sich als zu klein. Der ganze Geist der Gemeinde versammelte sich vor der neuen Kirche, um an ihrer Weihe und der Feier des 100. Jahrestages der Siedlungsgründung teilzunehmen. Den Weihegottesdienst leitete der Diözesanbischof Alexander von Bonnaz selbst, assistiert vom Steierdorfer Pfarrer Josef Moser.
Cristian-Liviu Mosoroceanu