„Zwischen Erinnerung und Vergessen. Adelsfamilien im Banat in der Neuzeit“: Dies ist der Titel der Ausstellung, die am Freitagabend in der Mansarde der Theresienbastei in Temeswar/Timișoara eröffnet wurde. Veranstalter ist das Nationalmuseum des Banats, wobei für die Koordination der Ausstellung Museologe Marius Cornea zuständig war. Zum guten Gelingen der Ausstellung trugen mehrere Fachleute bei, darunter Dr. Zoran Marcov, Leiter der Geschichtsabteilung, die Forscherin Dr. Nicoleta Demian, der Museologe Dr. Ciprian Glăvan, und Lumini]a Paul, Expertin für Konservierung. Die Expo kam auch dank zahlreicher Partner zustande, die Ausstellungsmaterial zur Verfügung stellten, darunter die Römisch-Katholische Diözese Temeswar, die Museen aus Arad, Lugosch, Reschitza und Karansebesch, die Temescher Filiale der Rumänischen Nationalarchive oder Privatpersonen wie der Lugoscher Museologe Oliviu Gaidoș oder die Universitätsprofessorin Dr. Pia Brînzeu. Die Ausstellung bietet einen spannenden Einblick in die Geschichte der Banater Adelsfamilien zwischen dem Jahr 1779, als diese Provinz wieder dem Königreich Ungarn eingegliedert wurde, und 1919, dem Jahr der Einrichtung der rumänischen Verwaltung nach dem Fall der österreichisch-ungarischen Monarchie.
Die 1872 in Temeswar gegründete Gesellschaft für Geschichte und Archäologie Südungarns hatte als Ziel, die Kulturgüter dieses Gebietes der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie zu bewahren. Seit 1919 gehörte das Banat dem Königreich Rumänien. Zeugnisse über die Struktur des Adels im historischen Banat in der Neuzeit werden durch Porträts (Gemälde, Grafiken, Skulpturen), Möbel, Keramik-, Glas- und Metallstücke, Bücher, Dokumente, Adelsdiplome, Medaillen, Briefe, Fotografien usw. dargestellt. Diese Kulturgüter verdeutlichen die Struktur des Banater Adels als integralen Bestandteil des Adels der österreichisch-ungarischen Monarchie: der Großadel, der Funktionsadel, die adligen Herrschaftsbesitzer, der nach 1779 aus dem Bürgertum in den Adelstand erhobene neue Adel mit besondere kommerzielle, kirchliche und militärische Verdienste. Das Phänomen der Adelsdomänen im Banat mit von Adligen bewohnten Herrenhäusern zwischen dem Ende des 18. und dem Beginn des 20. Jahrhunderts wird durch die Gegenstände adliger Herkunft belegt, die teilweise in Museen oder privaten Sammlungen erhalten sind. Ende des 19. Jahrhunderts wurden vom Fotografen Klösz György (1844-1913) aus Budapest nur sehr wenige Innenräume von Banater Adelsfamilien fotografiert: die Schlösser der Nákó-Grafen von Großsanktnikolaus/ Sânnicolau Mare, der Karátsonyi-Grafen von Beodra und von Robert Zselenszky aus Neudorf, der Lipthay-Baronen aus Budapest, der Familie Mocioni (Mocsonyi) aus Bulci und Beniczky aus Folia. Das Schicksal der Gegenstände aus den Gutsherrenhäuser auf dem Gebiet des historischen Banats wurde durch die beiden Weltkriege und die Errichtung des kommunistischen Regimes in Rumänien, Ungarn und Jugoslawien geprägt. Ähnlich verhält es sich mit den Sammlungen, die auf den Adelsdomänen in Siebenbürgen, im Kreischland und in der Maramuresch, den ehemaligen Gebieten der Donaumonarchie, bestanden. Viele dieser Zeugen der Vergangenheit gingen einfach verloren.
In der Nacht vom 2. auf den 3. März 1949 wurde der Erlass Nr. 83 in der Rumänischen Volksrepublik, was zur Enteignung der Grundbesitzer und ihrer Deportation aus den Verwaltungskreisen Temesch und Karasch führte. Sieht man sich die Situation der Adelsgüter im Banat vor 1914 und im März 1949 an, sticht die geringe Zahl der in der Zwischenkriegszeit im Banat verbliebenen Adelsfamilien ins Auge: Somogyi, Fábián, Deschan, Eisenstädter, Grafen Gyürky, Patyánszky, Dadányi, Vukovics, Ürményi, Nikolics, Beniczky, Mocioni (Mocsonyi), Csernovits, Meskó, Konrád, Klobusiczky, Kelcz, Jakabffy und Szúló. Die Gegenstände aus diesen Herrenhäusern wurden vom kommunistischen Regime beschlagnahmt, in Temeswar gesammelt oder vorübergehend in den neuen Staatshöfen oder landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften belassen, die auf den ehemaligen Adelsgütern gegründet wurden.
Die Sammlung des Nationalmuseums des Banats, bestehend aus Dokumenten aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, enthält Diplome, Briefe, Grundbuchurkunden, Fotoalben, Quittungen usw., die für die Existenz des Banater Adels von großer Bedeutung sind. Aus dieser Kategorie werden insbesondere die Jubiläums-/Ehrendiplome, Medaillen und Plaketten von Ormós Zsigmond von Csicsér (1813-1894), Komitee des Kreises Temesch, und von Telbisz Károly von Altbeschenowa/ Dudeștii Vechi (1854-1914), Bürgermeister von Temeswar zwischen 1885 und 1914, hervorgehoben. Aus dieser Zeit stammen auch die wenigen Dokumente der Adelsfamilie Nikolics von Rudna. Ein Teil dieser Dokumente können Besucher der Ausstellung näher betrachten.
Am Ende des 19. Jahrhunderts gelangte eine der wenigen Adelswaffen in die Museumssammlung: das Schwert des Freiherrn Johann Freiherr von Hiller, Edelmann von Butin. Nach dem Zweiten Weltkrieg, höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit den Beschlagnahmungen durch das kommunistische Regime, wurde das Adelsschwert der Osztoics-Familie von Şemlacu Mare und Şemlacu Mic in den Nachlass des Museums eingetragen. Beide Schwerter können in der Ausstellung bewundert werden.
Die Römisch-Katholische Diözese Temeswar steuerte mehrere Gegenstände zur Ausstellung in der Theresienbastei bei, wie Diözesanarchivar Dr. Claudiu C²lin informierte. Dazu gehören der Hut (Galero) von Kardinal Laurentius Schlauch, Bischof von Großwardein/ Oradea, ein Porträt des Kardinals Schlauch, ein Porträt Maria Theresias mit der Heiligen Krone von Ungarn (Öl auf Leinwand, Kopie eines offiziellen Porträts, 1858, signiert Novak Radonić), das Porträt von Bischof Graf Dessewffy Sándor aus dem Nachlass von Bischof Augustin Pacha, einst Sekretär von Bischof Dessewffy, die rote Kasel (liturgisches Gewand) mit den vereinigten Wappen der Grafen Karácsonyi Jenő und Karolina Andrássy (verheiratet 1886 in Betliar, heute Slowakei), die weiße Kasel (liturgisches Gewand) und Zubehör mit den vereinigten Wappen der Grafen Karácsonyi Jenő und Karolina Andrássy, einen Kelch mit Patene und Medaillons in Emaille u.a. mit dem Wappen des Bischofs Adalbert Freiherr von Falkenstein (aus dem Jahr 1731 stammend) sowie sechs hölzerne Ikonen (zwei Gruppen von je drei Ikonen) im Rokokostil mit österlicher Thematik aus der Kapelle des Schlosses des Grafen Náko von Großsanktnikolaus.
Nach 2018 erwarb das Banater Nationalmuseum eine bedeutende Anzahl von Porträts und Objekten einiger Adelsfamilien aus dem Banat: Patyánszky de Viszák, Palikucserny de Furluk, Vukovics de Beregsău, Dadányi de Giulváz, Eisenstädter de Buziaș, Piatsek von Herendești und Oloșag oder die Grafen Kinsky. Außerdem erhielt das Museum als Schenkung historische Textilien adeliger Provenienz aus dem 19. Jahrhundert sowie Möbelstücke, Glasobjekte und eine Serie von 27 Fotografien der Adelsfamilie Capdebó von Bărăteaz, befreundet mit der Familie Dr. Ludwig und Netti Diel aus Temeswar. Auch die Geschichten einiger dieser Adelsfamilien können Besucher der Ausstellung erfahren. Die Expo kann bis zum 24. November, von Mittwoch bis Sonntag, zwischen 10 und 18 Uhr besichtigt werden. Die Eintrittskarte ermöglicht den Interessenten, gegen einem Preis von 18 Lei, gleich zwei Ausstellungen zu besuchen: „Zwischen Erinnerung und Vergessen. Adelsfamilien im Banat in der Neuzeit“ und „Die Frau der Belle Époque“.
Raluca Nelepcu
Foto: Walther Konschitzky, Raluca Nelepcu