Vom 30. Juli bis am 6. August 2022 findet auch in diesem Jahr wieder die Reihe der „Banater Sommerkonzerte“ statt, deren Seele und treibende Kraft der bekannte Banater Organist und Musikwissenschaftler Dr. Franz Metz ist, der heute in München lebt und uns in diesem Zusammenhang freundlicherweise ein kurzes Interview gewährt hat.

Sehr geehrter Herr Dr. Franz Metz, Ihre musikalische, konzertante und forschende Tätigkeit auf dem Gebiet der Musikwissenschaft im Allgemeinen und der religiösen Musik des Banats im Besonderen ist äußerst reichhaltig und der Öffentlichkeit in Deutschland, Rumänien und den Nachbarländern wohl bekannt. Bitte teilen Sie uns im Folgenden, in einem kurzen Interview, einige Gedanken zu der von Ihnen vor einiger Zeit initiierten Reihe der Sommerkonzerte im Banat mit:

– Woher kam die Idee für die Konzertreihe? Was hat Sie dazu bewogen, diese Konzertreihe jedes Jahr zu veranstalten? Seit wann findet diese Konzertreihe statt?

Man kann das Jahr 1990 als Beginn dieser Banater Sommerkonzerte bezeichnen. Damals gab ich jährlich in der Zeit der Sommerferien einige Orgelkonzerte in Banater Kirchen, oft in Zusammenarbeit mit der Temeswarer Philharmonie oder mit der Musikfakultät. Gleichzeitig begann man auch in Siebenbürgen regelmäßig solche sommerliche Orgelkonzertzyklen zu veranstalten. Nach der Zeit des Kommunismus war es nun möglich offiziell in katholischen und evangelischen Kirchen des Landes Orgelkonzerte zu veranstalten. In evangelischen Kirche Siebenbürgens gab es noch vor 1989 solche Orgelkonzerte (Schwarze Kirche in Kronstadt, Evangelische Kirche in Hermannstadt usw.), die Situation zwischen Staat und evangelischer Kirche war damals nicht so angespannt wie die Situation gegenüber der römisch-katholischen Kirche, besonders im Banat. Jedwelche kirchenmusikalische Aktivität durfte sich nur im Rahmen eines Gottesdienstes abspielen und Werbung in Form von Plakaten oder Zeitungsannoncen war strengstens verboten. Deshalb gab es nach 1990 einen riesigen Nachholbedarf auf diesem Gebiet christlicher Kultur.

Zwischen 1980 und 1985 habe ich monatlich ein Orgelkonzert abends, bei geschlossenen Türen, in der Temeswarer Millenniumskirche gegeben, nur für eingeladene Personen. Es kamen zahlreiche Studenten und Temeswarer Hochschulprofessoren, etwa 60-80 an der Zahl. Natürlich flogen diese Orgelkonzerte irgendwann auf und es kamen auch fremde Personen dazu – vermutlich auch „Spitzel“.

– Jedes Jahr laden Sie weitere Musiker zur Teilnahme an dem Projekt ein. Wie reagieren sie auf diese Einladung, was motiviert sie?

Die Musiker, die ich zu diesen gemeinsamen Konzerten einlade, kenne ich meist seit vielen Jahren, noch aus der Zeit, als ich Kirchenmusiker der Salvatorianerkirche in der Temeswarer Elisabethstadt war. Damals (1975-1980) haben wir dort ein Jugendorchester gegründet und viele von den Mitgliedern dieses Ensembles konzertierten mit mir in den letzten Jahren, so auch Herbert Christoph (Viola). Aber auch aus Deutschland kommen Musiker, so Nina Laubenthal aus München oder der Bariton Wilfried Michl, der selbst aus dem Banat stammt. Wir versuchen in den letzten Jahren immer öfter auch Musiker aus Temeswarin diese Konzertreihe einzubeziehen. Natürlich ist es auch eine Frage der Deckung der Unkosten für diese Konzerte (Reisekosten, Honorare etc.).

– Wie suchen Sie sich die Ortschaften, Orgeln, Kirchen (und nicht nur), in denen diese Konzertreihe sattfindet?

Meist handelt es sich bei diesen Banater Sommerkonzerten um Orte und Kirchen mit einer alten wertvollen Orgel und die Einladungen kommen in vielen Fällen von den jeweiligen Pfarrern oder Gemeinden. Es ist uns aber wichtig besonders in solchen Kirchengemeinden zu musizieren, die durch die Auswanderung der deutschen Gemeindemitglieder besonders stark gelitten haben. Leider gibt es in der Temeswarer Diözese einige solcher „ausgebluteten“ Gemeinden, teils mit einem ehemals reichen kirchenmusikalischem Leben oder mit wertvollen Orgeln. Indem wir hier solche Kirchenkonzerte organisieren, versuchen wir auch das Bewusstsein für die Kirche und ihre Orgel in den Reihen der heutigen Gemeindemitglieder zu stärken. Übrigens: wir musizieren nicht nur in Konzerten, sondern auch bei Gottesdiensten. Besonders im ländlichen Raum ist das sehr wichtig.

Einige der Sommerkonzerte finden auch in Konzertsälen, Theatern oder Synagogen statt, so z.B. in Lugosch, Orawitza, Arad, Karansebesch oder Großsanktnikolaus. Wir versuchen jedenfalls alle Gegenden des Temeswarer Bistums im Blick zu halten. Ein Wunsch wäre es, mal in Orschowa oder Anina ein solches Kirchenkonzert zu veranstalten.

– Wie sehen Sie die Zukunft dieses Projekts, der Konzertreihe, aber auch die der Orgelmusik, bzw. Kirchenmusik im Banat und nicht nur?

Im Temeswarer Bistum herrscht ein emsiges religiöses Leben. Dies kann man besonders seit dem Beginn der Pandemie feststellen, indem viele Gottesdienste – selbst aus entlegenen kleineren Kirchen – im Internet übertragen werden. Auch jüngere Organisten gibt es heute im Banat, die eigentlich eine gute Arbeit als Kirchenmusiker leisten. Ich sehe also schon darin eine wichtige Aufgabe seitens des Bistums auch in Zukunft solche Kirchenkonzerte und kirchenmusikalische Aktivitäten zu fördern. Die Zeiten haben sich gesellschaftliche in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert und auch die Einstellung gegenüber dem kirchlichen Leben wandeln sich ständig. Zum Glück ist die Mehrsprachigkeit im Temeswarer Bistum eine große unschätzbare Bereicherung und die Kirchenmusik beginnt dort, wo das Wort aufhört. Auch Kirchenmusik ist Verkündigung – aber mit anderen Mitteln. So vielfältig das einfache Kirchenlied ist, so reichhaltig ist auch das kirchenmusikalische Erbe im Banater Bistum. Fast jede kleinere Kirchengemeinde kann in ihrer Geschichte einen mehr oder weniger talentierten Kantor oder Organisten vorweisen, in vielen Fällen gab es sogar gute Komponisten unter ihnen. So Anton Leopold Herrmann aus Neuarad, Conrad Paul Wusching aus Lugosch, Franz Limmer und Ede Berecz aus Temeswar, Vincens Maschek aus Ruskberg, Peter Rohr aus Reschitza, usw.

– Was ist der Ziel dieser Konzerte für Sie, als Musiker? Welche ist Ihre größte Erfüllung, und Freude verbunden mit diesem musikalisch-kulturellen Projekt?

Es sind dies zwei große Ziele:

  1. Die Lenkung der Aufmerksamkeit auf unsere schönen wertvollen Kirchen im Temeswarer Bistum, insbesondere im ländlichen Raum. Die Gründer und Väter dieser Kirchengemeinden verdienen es, dass man das Licht des Glaubens auch an die nächste Generation weitergibt – auch im Bereich der Kirchenmusik.
  2. Das Aufführen von Kirchenmusikwerken vergessener Kantoren, Komponisten und Kirchenmusikern des Banats. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts brachte viele Brüche in das Banater Bistum: Neue Grenzziehungen, Zerschlagung der kulturellen Einheit des Banats, Verfolgung, politischer Terror gegenüber Priester, Bischöfe, Gläubige, Auswanderung und Verfolgung. Darunter hat auch die Kirchenmusikgeschichte gelitten. Viele unserer bedeutender Kirchenmusiker wirkten mal im östlichen Teil des Bistums, mal im westlichen Teil. Wenn man sich heute mit der Biographie eines solchen Musikers beschäftigt, muss man internationale Forschungen anstreben: in Rumänien, in Ungarn, in Serbien, in Deutschland usw.

In mehr als 120 internationalen Kongressen und Symposien hatte ich bisher die Gelegenheit verschiedene Facetten aus der Geschichte der Kirchenmusikgeschichte des Banats zu präsentieren. Mich erstaunt jedesmal die Faszination der Kolleginnen und Kollegen zu diesem Thema und wie begeistert man all diese Informationen verfolgt. Ob in Rom, Strasbourg, Berlin, München, Budapest, Zagreb oder Wien – die Erforschung der Banater Kirchenmusikgeschichte hat Zukunft. Und die Präsentation des kirchenmusikalischen Erbes des Temeswarer Bistums hat erst begonnen…

Einen herzlichen Dank für Ihre Gedanken und für die Zeit, die Sie unserem Interview, unseren Lesern geschenkt haben! Wir wünschen Ihnen und Ihren Kollegen eine schöne, erfolgreiche, gnadenreiche und… kühle Konzertreihe in diesem Sommer!

Das Pressebüro der Diözese Temeswar bedankt sich herzlichst für das Gespräch!

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