Vor sechs Jahren hat Dr. Imogen Tietze mit einer Reihe von Kursen im Salvatorianer-Kloster in Temeswar, Elisabethstadt begonnen, bei denen es um die Hl. Schrift, genauer gesagt um das Neue Testament geht. Aus Anlaß des zweiten Jahres der Heiligen Schrift, welches seine Exzelenz Bischof Josef Csaba Pal für die Diözese Temeswar bestimmt hat, habe ich Frau Dr. Tietze gebeten, uns einige Gedanken mitzuteilen im Hinblick auf diesen Kurs.

– Welche Teile der Hl. Schrift haben Sie bis jetzt im Rahmen dieses Kurses behandelt?
– Der Bibelkurs, den ich hier im Salvatorianer-Kloster leite, findet in diesem Jahr zum sechsten Mal statt. Wir haben mit dem Matthäus-Evangelium begonnen, danach kamen die Evangelien nach Markus, Lukas und Johannes. Dann haben wir fortgesetzt mit der Johannesapokalypse. Obwohl dies das letzte Buch der Bibel ist, habe ich es aus aktuellem Anlaß vorgezogen, denn es war der Anfang der Corona-Pandemie, und viele hatten Angst, was nun geschehen wird. In diesem Jahr sprechen wir im Rahmen des Bibelkurses über die Briefe des Apostels Paulus. Da es außer den Paulus-Briefen im Neuen Testament noch andere Briefe gibt, werden diese das Thema des nächstjährigen Kurses bilden.
Jeder Kurs dauert ein halbes Jahr, das heißt es sind sechs Treffen im monatlichen Abstand von Oktober bis März. Ich habe es so organisiert, weil viele Leute im Sommer Gartenarbeit haben oder im Urlaub sind und dann nicht zu einem Kurs kommen würden. Jedes Treffen findet an einem Samstag statt. Es beginnt um 10.00 Uhr und dauert bis nachmittags etwa 16.00 Uhr. Man muß also nicht besonders früh aufstehen und kann auch am Samstagabend noch etwas anderes unternehmen. Sechs Stunden ist ziemlich lang, manche finden es zu lang, aber ich denke, daß es gut so ist, weil wir so die Themen intensiver behandeln können und uns auch in der Gruppe besser aneinander gewöhnen. Es ist ja auch ein Mittagessen dabei.
Die meisten Teilnehmer/-innen nehmen an allen sechs Kurs-Treffen teil, – so soll es auch sein. Es gibt Personen, die an allen bisher stattgefundenen Kursen teilgenommen haben. Die Teilnehmer/-innen sind überwiegend im mittleren Alter, die meisten zwischen 50 und 60 Jahren. Gewöhnlich sind es Menschen, die in ihren Pfarren engagiert sind, die regelmäßig zur Kirche gehen und mehr über das Wort Gottes erfahren möchten.
In diesen Bibelkursen haben sie Gelegenheit, einen bestimmten Text oder Brief ziemlich gründlich kennenzulernen, und es ist wichtig zu sehen und zu verstehen, was dort wirklich geschrieben steht. Es ist auch wichtig, sich dem Text nicht mit vorgefertigten Meinungen zu nähern. Natürlich können im Kurs nur einige Teile der behandelten Schriften gelesen und besprochen werden. Im allgemeinen wähle ich die Texte nach bestimmten Themen aus wie zum Beispiel: die Jünger Jesu, die Wunder, die von Jesus berichtet werden, die Gleichnisse Jesu oder Leiden, Tod und Auferstehung Jesu, wie sie in dem jeweiligen Evangelium dargestellt werden. In diesem Jahr behandeln wir bei jedem Treffen einen anderen der Paulusbriefe. Das Gespräch bewegt sich nicht auf einem hoch-theologischen Niveau, denn ich möchte, daß alle verstehen, worum es geht, und selbst auch anderen wieder Antworten geben können, die mit Fragen an sie herantreten.
Alle Kurse, besonders aber dieser über die Paulusbriefe, haben auch einen katechetischen Charakter. Es werden Grundwahrheiten unseres Glaubens angesprochen. Das findet die Zustimmung vieler Teilnehmer/-innen. Es kann auch eine Motivation sein für andere, an dem Kurs bzw. den Kursen teilzunehmen, denn es kommen Themen zur Sprache wie etwa: was bedeutet die Auferstehung, was die Hl. Dreifaltigkeit, wer ist der Hl. Geist, wer ist Jesus (für mich)? Das sind wichtige Themen, über die viele nur im Religionsunterricht vor der ersten Hl. Kommunion gehört haben, jedoch nicht auf einem erwachsenen Niveau. Diese Kurse sind eine Gelegenheit, Glaubensthemen zur Sprache zu bringen.

– Wie läuft dieser Kurs ab?
– Wie ich schon erwähnt habe, beginnt der Kurs um 10.00 Uhr. Wegen der Pandemie gibt es zwei mögliche Abläufe, mit physischer Präsenz oder online auf der Plattform zoom. Bei der Variante mit physischer Präsenz der Teilnehmer/-innen stelle ich zuerst das jeweilige Thema vor und spreche über die ausgewählten Texte. Dann folgt eine Gruppenarbeit, in der die Gruppenmitglieder Fragen zum Text beantworten sollen und über die Texte diskutieren. Schließlich werden die Ergebnisse der Gruppenarbeit im Plenum präsentiert und weiter entfaltet. Es gibt auch ein Mittagessen. Das ist wichtig, damit sich die Teilnehmer/-innen in ungezwungenem Rahmen untereinander besser kennenlernen können. Nach dem Essen setzen wir die thematischen Gespräche fort, und das Kurstreffen endet mit einem gemeinsamen Gebet ungefähr um 15.00 – 16.00 Uhr. In der Zeit der Pandemie haben die Treffen meist auf zoom stattgefunden, wobei das Programm ebenfalls um 10.00 Uhr beginnt und am späten Mittag endet.

– Wieviele Personen melden sich im allgemeinen für diese Kurse an?
– Es melden sich um die 20 Personen an, aber es nehmen nicht immer alle an den Treffen teil. Ungefähr 10 – 15 Personen sind jedes Mal dabei. In so einer kleinen Gruppe können intensive Gespräche geführt werden. Ich würde mich jedoch freuen, wenn es mehr Interessierte gäbe.

– Sie haben erwähnt, daß das Thema des nächsten Kurses die übrigen Briefe im Neuen Testament sein werden. Haben Sie noch andere Pläne für die Kursteilnehmer/-innen?
– Ja, ich möchte gern noch einen Kurs über das Alte Testament anbieten, wenigstens über einige grundlegende Texte, damit wir uns bewußt machen, daß auch das Alte Testament für uns gültig ist, Heilige Schrift ist. Die wichtigen Gestalten des Abraham, Mose oder David sollten wir besser kennenlernen. Insgesamt werden es dann acht Kurse in acht Jahren sein.

– Wenn jemand jetzt anfängt, die Hl. Schrift zu lesen, und nicht vertraut ist mit biblischer Sprache und mit der Struktur der Bibel, was würden Sie ihm/ ihr raten?
– Mit den Evangelien zu beginnen, denn sie sind leichter zu lesen als die anderen Teile der Bibel. Wenn jemand doch mit dem Alten Testament anfangen möchte, sollte er die Genesis lesen (das erste Buch der Bibel). Es hat einen Wert, die Bibel von Anfang bis Ende durchzulesen, aber wer das ohne Vorbereitung tut oder ohne wenigstens in der Liturgie der Kirche schon einmal einige Texte gehört zu haben, der wird nicht viel verstehen. Deshalb würde ich das Personen, die bisher gar nicht die Bibel gelesen haben, nicht raten. Für den Anfang würde ich das Neue Testament empfehlen, und von den vier Evangelien sollte das erste das Markus-Evangelium sein. Bei jedem Bibellesen ist es wichtig, sich bewußt zu sein: die Bibel will uns keine Informationen über naturwissenschaftliche Sachverhalte geben und sie will auch keine Reportage über das Leben Jesu sein. Die Hl. Schrift will immer etwas über den Glauben aussagen, sein Wachstum, seine Entwicklung. Die Absicht der Evangelisten ist immer die Verkündigung des Glaubens.

Das Pressebüro der Diözese Temeswar bedankt sich herzlichst für das Gespräch!