Der hl. Klemens Maria Hofbauer und seine Familienangehörigen im Banat − eine (fast) vergessene Geschichte

Der heilige Klemens Maria Hofbauer, Kupferstich von A. Petrak, Druck bei F. Kargl in Wien, 1864. Quelle: www.cssr.news/italian

Am 15. März 2020 jährte sich der Todestag des heiligen Klemens Maria Hofbauer zum 200. Mal. Hofbauer gehörte der Ordensgemeinschaft der Redemptoristen an, die im Rahmen ihres missionarischen Auftrags, dem persönlichen Glauben des Einzelnen und dem Glaubensleben der Gemeinden Wachstumsimpulse zu geben, auch in der alten Diözese Tschanad beziehungsweise im Bistum Temeswar von 1905 bis 1934 zahlreiche Volksmissionen abhielten.
Außerdem ist ein weiterer Bezug zum Banat gegeben: Karl Hofbauer, einer der Brüder des heiligen Klemens, kam 1784 als Kolonist ins Banat und siedelte sich in Sanktandres an. Diesem Thema widmet sich eine vor kurzem erschienene Studie von Pater Martin Macko, der sich schon seit langem mit der Tätigkeit der Kongregation der Redemptoristen auf dem heutigen Gebiet Rumäniens, insbesondere im Banat, beschäftigt und mehrere Arbeiten dazu veröffentlicht hat. Der vorliegende Beitrag will einen Überblick bieten über die einschlägigen Forschungen und
Publikationen des Redemptoristen-Paters und promovierten Kirchenhistorikers Martin Macko und damit auch die langjährigen Beziehungen der Redemptoristen aus der Österreichischen Ordensprovinz zu unserer Heimatdiözese wie auch die familiären Bindungen des heiligen Klemens Maria Hofbauer ins Banat aufzeigen.

Die Ordensgemeinschaft der Redemptoristen
Einführend sollen zunächst zwei Fragen in der gebotenen Kürze beantwortet werden: Erstens, wer sind die Redemptoristen, und zweitens, wer war Klemens Maria Hofbauer?
Die Redemptoristen sind eine Ordensgemeinschaft, deren vollständiger Name lautet: Kongregation des Heiligsten Erlösers (lateinisch: Con-gregatio Sanctissimi Redemptoris, Ordenskürzel: C.Ss.R). „Redemptor“ ist das lateinische Wort für Erlöser. Daher nennen sich die Ordensangehörigen Redemptoristen.
Die Kongregation wurde 1732 im kleinen Bergdorf Scala in der Nähe von Neapel in Süditalien von Alfonso Maria de Liguori (Heiligsprechung: 1839) gegründet. Die Bewohner dieser Region bildeten eine gesellschaftliche und kirchliche Randgruppe, sie hatten keinerlei Seelsorge. Der junge Priester wollte nach dem Beispiel Jesu den Armen die Frohe Botschaft verkündigen. Zu diesem Zweck hielten Alfons und seine Mitbrüder die sogenannten Volksmissionen. Dieses traditionelle seelsorgliche Modell, das sich nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil zur Glaubens- beziehungsweise Gemeindemission weiterentwickelt hat, wird von den Redemptoristen immer noch angeboten oder bildet die Matrix, nach der neue Formen der missionarischen Pastoral gestaltet werden.
Der Orden breitete sich nach und nach über die ganze Welt aus und entfaltete eine rege Missionstätigkeit. Heute gibt es etwa 5000 Redemptoristen, die als Ordenspriester und Ordensbrüder in nahezu allen Teilen der Welt wirken.
Klemens Maria Hofbauer und sein guter Freund Thaddäus Hübl waren die ersten Nichtitaliener, die 1784 in die Kongregation der Redemptoristen eintraten. Beide wollten in Italien ihr in Wien begonnenes Theologiestudium beenden und hatten in Rom die junge Kongregation kennengelernt. Am 29. März 1785 empfingen sie die Priesterweihe. Um die Verwirklichung seiner klar erkannten Berufung zum Priestertum musste Hofbauer ein halbes Leben lang ringen. Nach einem langen Weg mit den verschiedensten Stationen hat er erst als 33-Jähriger dieses Ziel erreicht.
Hofbauer wurde 1751 im südmährischen Taßwitz (heute Tasovice, Tschechien) geboren und auf den Namen Johannes getauft. Da eine gediegene Schulbildung finanziell nicht möglich war, erlernte er das Bäckerhandwerk. Anschließend arbeitete er als Geselle in der Bäckerei des Prämonstratenserstiftes Klosterbruck, wo er nebenbei das Gymnasium besuchen konnte. Er pilgerte dreimal nach Rom und lebte zeitweise als Einsiedler. Seit damals nannte er sich Klemens Maria. 1779 kam er nach Wien und verdiente sich hier seinen Lebensunterhalt als Bäckergeselle, bevor er durch Unterstützung einer wohlhabenden Familie Theologie studieren konnte.

Klemens Maria Hofbauer: der Apostel von Wien

Die Kirche Maria am Gestade (im Volksmund Maria Stiegen), ein gotischer Kleinod in der Wiener Altstadt, wird seit 1820 von dem Redemptoristen betreut. Quelle: commons.wikimedia.org

Nach der Priesterweihe wurden Hofbauer und Hübl von ihrem Generaloberen beauftragt, nördlich der Alpen Ordensniederlassungen zu gründen. Da in Österreich eine Klostergründung aufgrund des herrschenden Josephinismus nicht möglich war, zogen sie weiter nach Warschau, wo den Redemptoristen die Pfarre St. Benno zur Verfügung gestellt wurde. Die Ordensgemeinschaft wuchs zusehends, sie entfaltete eine lebendige Seelsorge, die als „immerwährende Mission“ verstanden wurde, und kümmerte sich besonders um die Bedürftigen. Die Patres führten eine Armenschule, sie gründeten ein Waisenhaus und eine Handarbeitsschule für Mädchen. Laienvereinigungen unterstützten sie dabei.
1788 wurde Hofbauer zum Vikar des Generaloberen der Kongregation ernannt und leitete in dieser Funktion bis zu seinem Tod den Ordenszweig nördlich der Alpen. Er war häufig unterwegs, um neue Klöster zu gründen, doch er hatte wenig Erfolg. Die Klöster hatten keinen langen Bestand.
1808 wurden die Redemptoristen auf Befehl Napoleons aus Warschau vertrieben. Hofbauer ging zurück nach Wien, wo er zuerst als Aushilfspriester in der Minoritenkirche, später als Seelsorger an der Kirche und im Konvent der Ursulinen wirkte. Mit seiner natürlichen, bäuerlichen, manchmal auch derben Art, die dem aufgeklärt-rationalistischen Zeitgeist des Josephinismus widersprach, zog Hofbauer die Menschenmassen an. Das brachte ihm den Beinamen Apostel von Wien ein, aber auch die Aufmerksamkeit der Staatspolizei, die ihn bespitzelte. Es gelang ihm, die Gebildeten und die Adeligen ebenso anzusprechen wie das einfache Volk. Menschen aller Schichten versammelten sich nicht nur in großer Zahl zu seinen Gottesdiensten, sondern auch in seiner kleinen Wohnung. Sein Heim wurde zum beliebten Gesprächs- und Beichtzimmer. Hofbauer pflegte Kontakte zu den Künstlern der Romantik und traf sich im sogenannten Hofbauer-Kreis unter anderem mit Friedrich von Schlegel, Joseph von Eichendorff, Clemens von Brentano. Außerdem entfaltete er umfangreiche caritative Aktivitäten, er kümmerte sich um die Armen und Kranken und führte die Hausbesuche der Geistlichen bei ihren Pfarrangehörigen ein.
Hofbauer handelte stets im Vertrauen auf Gott. Einer seiner bekannten Aussprüche lautet: „Nur Mut! Gott ist der Meister. Er lenkt alles zu seiner Ehre und zu unserem Besten und niemand kann ihm widerstehen. Alle Pläne der Menschen, und seien sie noch so gut ausgedacht, dienen nur dazu, seinen Willen zu erfüllen.“
Klemens Maria Hofbauer starb am 15. März 1820. Sein Leichnam wurde ursprünglich auf dem Romantikerfriedhof Maria Enzersdorf bei Mödling beigesetzt. 1862 wurden die sterblichen Überreste als Reliquien in die Kirche Maria am Gestade nach Wien überführt. Diese war dem Redemptoristenorden nach dessen Zulassung in Österreich kurz nach Hofbauers Tod übergeben worden. Hofbauer wurde 1888 von Papst Leo XIII. seliggesprochen, 1909 folgte seine Heiligsprechung durch Pius X. 1914 wurde er zum Stadtpatron Wiens erhoben. Er wird auch als „Apostel von Warschau“ verehrt und ist zudem Patron der Bäcker und Gesellenvereine.

Die Missionstätigkeit der Redemptoristen im Banat

Auszug aus einem handschriftlichen Brief von Monsignore Dr. Franz Kräuter an Alfred Schedl, den Archivar der Österreichischen Provinz der Redemptoristen, geschrieben in Jahrmarkt am 26. April 1985. Faksimile: Martin Macko

Noch während seines Studiums an der Theologischen Fakultät der Universität Trnava in Bratislava (Slowakei) war Martin Macko zu der Feststellung gelangt, dass das Wirken der Redemptoristen in Regionen, die nicht einer der drei nationalen Ordensprovinzen (Wien, Prag und Polen) eingegliedert waren und in denen sich keine Redemptoristen-Niederlassungen befanden, kaum Gegenstand historischer Forschung war und deshalb weitgehend unbekannt geblieben ist. Diese Forschungslücke zu schließen, setzte sich der 1979 in Trentschin (Trenčín) geborene Ordenspriester (Weihe 2006) und Kirchenhistoriker zum Ziel.
Seine im Jahr 2006 vorgelegte und in slowakischer Sprache verfasste Magisterarbeit war der Tätigkeit der Redemptoristen auf dem Gebiet des heutigen Rumänien von 1815 bis 1939 gewidmet. Seit 2004 hatte der Theologiestudent in den Archiven der Wiener Provinz der Redemptoristen und der Diözese Temeswar geforscht und – angesichts der erforderlichen Sprachkenntnisse – sogar einen Rumänisch-Sommersprachkurs an der Temeswarer West-Universität absolviert. In einzelnen Kapiteln beleuchtet Martin Macko die Redemptoristenmission in der Walachei 1815-1822, die von Redemptoristen nach Bukarest unternommenen Reisen in den Jahren 1859-1865, die Tätigkeit der Redemptoristen in der Bukowina im Jahre 1888 sowie die Missionstätigkeit unter der deutschen und der tschechischen Bevölkerung im Banat von 1905 bis 1938.
Die Ergebnisse weiterführender, nach Abschluss der Magisterarbeit betriebenen Forschungen wurden in deutscher Sprache in der in Rom erscheinenden historischen Ordenszeitschrift „Spicilegium Historicum Congregationis Sanctissimi Redemptoris“ (SHCSR) veröffentlicht. Die Studien beziehen sich auf die Tätigkeit der Wiener Provinz der Redemptoristen in Rumänien 1815-1939 (SHCSR 55/2007) sowie auf die Tätigkeit der Prager Provinz im Banat 1907-1938 (SHCSR 57/2009).
Eine wesentliche Erweiterung des geografischen Rahmens seiner Forschungen wie auch eine inhaltliche Vertiefung des Themenfeldes erforderte die von Martin Macko 2012 an der Universität Wien verteidigte Dissertation „Das Engagement der Redemptoristen in den östlichen und südlichen Kronländern der Monarchie 1848 bis 1918“. Der Fokus richtete sich auf jene Gebiete der Habsburgermonarchie, in denen die Redemptoristen keine festen Niederlassungen besaßen. Unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen und kirchlichen Rahmenbedingungen wird zunächst die Entstehung und Entwicklung der Kongregation bis 1918 umrissen und dann Art und Umfang des Einsatzes der Redemptoristen in Ungarn, im Banat und Siebenbürgen, in Kroatien und Slawonien, der Krain, in der Bukowina sowie in Bosnien und Herzegowina ausführlich beschrieben. In weiteren Kapiteln geht der Autor auf typische Merkmale und Inhalte der Missionen und anderer pastoraler Aktivitäten der Redemptoristen im Spiegel der Quellen, auf das Echo der Missionen in den Medien der Zeit sowie auf die Bedeutung der Redemptoristen-Missionen im Vergleich zu den missionarischen Aktivitäten anderer Ordensgemeinschaften ein. Das abschließende Kapitel geht der Frage nach, ob die Redemptoristen als „Speerspitze der katholischen Erneuerung der Habsburgermonarchie“ bezeichnet werden können.
Das dem Banat gewidmete Unterkapitel zeichnet die Entwicklung der systematischen Tätigkeit der österreichischen Redemptoristen in der Tschanader Diözese nach (bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges hielten die Redemptoristen in der Diözese insgesamt 66 Volksmissionen und 23 Missionserneuerungen), geht auf die (letztlich erfolglos verlaufenen) Bemühungen um die Gründung von Niederlassungen im Banat ein und beschreibt das missionarische Wirken der tschechischen Redemptoristen im Südbanat.

Ein Bruder des Heiligen ließ sich in Sanktandres nieder

Grabplatte des heiligen Klemens Maria Hofbauer in der Kirche Maria am Gestade in Wien, angefertigt von dem Bildhauer Josef Gasser in den Jahren 1859-1862. Quelle: commons.wikimedia.org

Zuletzt veröffentlichte P. Dr. Martin Macko die Studie „Karl Hofbauer, Bruder des Hl. Klemens, Kolonist im Temeswarer Banat“. Sie ist in der Ordenszeitschrift SHCSR, Jahrgang 68/2020 erschienen. Karl Hofbauer, der älteste Bruder des späteren Heiligen (geboren am 1. November 1738 in Taßwitz), kam im Rahmen der Josephinischen Kolonisation 1784 ins Banat und ließ sich in Sanktandres nieder. Dass ein Bruder des Hl. Klemens und dessen Nachkommen im Banat lebten, war seit langem bekannt, auch den beiden Autoren des 1981 erschienenen Sanktandreser Heimatbuches, Matthias Weber und Anton Peter Petri. Sie zitieren aus einer Arbeit von P. Dr. Eduard Hosp über die Abstammung des hl. Klemens Maria Hofbauer (erschienen 1956 in „Spicilegium Historicum“) und ergänzen die Informationen aufgrund der Kirchenbücher von Sanktandres. Die nun von Martin Macko vorgelegte Untersuchung beleuchtet das Thema systematisch und aus unterschiedlichen Blickwinkeln unter Hinzuziehung von archivalischen Quellen sowie der einschlägigen Sekundärliteratur, einschließlich jener zu Sanktandres (Heimatbuch, Familienbuch von Heinrich Lay und Friedhofsbuch, herausgegeben von der Heimatortsgemeinschaft Sanktandres).
Aufgrund neuester Erkenntnisse zum familiären Umfeld des hl. Klemens Maria Hofbauer legt der Autor zunächst dar, dass dieser nicht – wie bisher angenommen und in sämtlichen Biografien vermerkt – elf, sondern zwölf Geschwister hatte. Karl war das zweitgeborene, Johannes, der sich später Klemens Maria nannte, das zehnte Kind der Familie Hofbauer.
Über Karl Hofbauer weiß man nur wenig. In der einschlägigen Literatur beschränkten sich die Angaben über ihn meistens auf einen einzigen Satz, vermerkt Martin Macko. Karl hat – wie sein Vater und zwei seiner Brüder – das Metzgerhandwerk erlernt. Vor seiner Auswanderung ins Banat wohnte er in der belgischen Eifel, wo er „möglicherweise als Berufssoldat in den österreichischen Erblanden diente“. Hingegen seien die bei manchen Autoren anzutreffenden Behauptungen, Karl Hofbauer habe während der Türkenkriege als Soldat gedient und sich dann nach vollendeter Dienstzeit in Sanktandres beziehungsweise als „Grenzer“ in der Banater Militärgrenze niedergelassen, allesamt falsch, weist der Autor nach. Weder der Türkenkrieg von 1737-1739 noch jener von 1788-1791 kämen in Frage, zumal Karl Hofbauer am Ende des ersteren nicht einmal ein Jahr alt war und beim Ausbruch des letzten österreichischen Türkenkrieges bereits seit ein paar Jahren im Banat lebte. Zudem sei die Umgebung von Temeswar, in dessen Nähe Sanktandres liegt, nie Teil der Militärgrenze gewesen.
Feststeht, dass Karl zusammen mit seiner Frau Anna Maria, der fünfjährigen Tochter Josefa und dem ganz kleinen Sohn Johann Gregor Ende 1784 in Sanktandres angekommen ist. Der Sohn starb am 15. Februar 1786, die Tochter ehelichte am 11. Februar 1800 Josef Kollmann, der wahrscheinlich ins Haus der Familie Hofbauer einzog und auch das Fleischerhandwerk von seinem Schwiegervater übernahm. Der Ehe entstammten fünf Kinder. Karl Hofbauer starb am 24. Dezember 1814, seine Frau segnete 1820 das Zeitliche. Ihre Tochter Josefa starb 1841, fünf Jahre nach ihrem Ehemann Josef Kollmann.

Karl Hofbauer im Bewusstsein der Nachwelt
Im Zuge des Informationsprozesses zur Seligsprechung des Klemens Hofbauer, der im Januar 1864 in Wien begonnen hat, wurde auch dessen familiärer Hintergrund untersucht. Dem Bürgermeister von Taßwitz Vinzenz Schnattinger war es gelungen, die Nachkommen von Karl Hofbauer im Banat aufzuspüren. Er stand in Briefkontakt mit dessen Enkel Johann Kollmann (geboren 1809 in Sanktandres). Bei dessen Anhörung am 7. Juli 1864 zitierte er aus dem Schreiben von Johann Kollmann: „Mein Großvater Karl Hofbauer sagte mir öfters, dass sein Bruder Clemens schon in seiner Jugend sehr gottesfürchtig gewesen und ein Einsiedlerleben geführt habe; dass, weil seine Eltern unbemittelt und nicht im Stande waren, ihn studieren zu lassen, eine hohe Frau sich seiner annahm und ihn studieren ließ, so dass er Geistlicher werden konnte. Da aber der Orden, dem er angehörte, aufgehoben wurde, kam er nach Wien und starb daselbst als Beichtvater.“ Kollmanns Zeugnis bestätige, so Martin Macko, „dass Karl einige Informationen über seinen Bruder in Wien hatte“, man müsse jedoch anzweifeln, dass Johann Kollmann diese direkt vom Großvater hatte, zumal er bei dessen Tod noch keine sechs Jahre alt gewesen sei. Die Informationen seien ihm eher von seiner Großmutter oder seiner Mutter überliefert worden.
Nach dem Tod aller Enkel von Karl Hofbauer seien die Erinnerungen an ihn und an seinen seligen Bruder in Sanktandres verblasst, ja sogar miteinander verschmolzen. Als Beleg dafür erwähnt der Autor eine Anmerkung des Sanktandreser Pfarrers Johann Oszetzky, der in seiner 1894 handschriftlich verfassten und im Temeswarer Diözesanarchiv aufbewahrten kurzen Geschichte der Pfarrei angibt, er sei von dem Temeswarer Theologieprofessor Paul Magyari darauf aufmerksam gemacht worden, „dass der alten Tradition nach (…) in dem Ort [Sanktandres] ein kirchlicher Heiliger namens Hofbauer geboren sei“. In der Gemeinde wisse aber niemand davon. Erst vor der Heiligsprechung von Klemens Hofbauer sei seine familiäre Verknüpfung mit der Gemeinde Sankt-andres wieder ins Bewusstsein gerückt, stellt Martin Macko fest. Damals habe man eine Haussammlung für die Restaurierung der Kirche Maria am Gestade in Wien – im Volksmund auch Maria Stiegen genannt – durchgeführt.

Die heutige katholische Kirche in Sanktandres wurde 1811 zu Ehren des heiligen Andreas anstelle des ersten, 1754-1756 gebauten Gotteshauses errichtet. Karl Hofbauer war sowohl die alte als auch die neue Kirche vertraut. Foto: Johann Janzer/HOG Sanktandres

Der Autor geht auch auf die von zwei Patres aus dem Wiener Provinzhaus im Januar 1927 in Sanktandres abgehaltenen Missionen ein und stellt sich die Frage, ob die Patres und der Ortspfarrer Anton Hügel sich der Tatsache bewusst waren, dass in dieser Gemeinde der Bruder des hl. Klemens gelebt hat und gestorben ist. Ein Hinweis darauf finde sich weder in der Beschreibung der Mission in der Pfarrchronik noch in der Chronik des Wiener Provinzhauses, so dass es fraglich bleibe, ob die Missionare und der Seelsorger der Gemeinde Kenntnis von Karl Hofbauer und seinen Nachkommen in Sanktandres hatten. Damals wurde ein Missionskreuz aufgestellt und benediziert, das sich bis heute in der Kirche befindet.Dass das Wissen über die familiären Beziehungen des hl. Klemens nach Sanktandres zumindest vereinzelt vorhanden war, belegten sowohl die 1981 erschienene Ortsmonografie von Sanktandres als auch ein Brief des damaligen Jahrmarkter Pfarrers Monsignore Dr. Franz Kräuter an den Archivar der Wiener Provinz der Redemptoristen Alfred Schedl vom 26. April 1985, aus dem Pater Martin Macko zitiert: „Übrigens der Bruder des hl. Clemens Karl Hofbauer hat sich in der Gemeinde Sanktandres – in der Nähe von Temeswar – niedergelassen und es leben heute noch Nachkommen des Genannten dort.“
Pater Mackos Studie schließt mit folgendem Fazit: „Wie man sehen kann, blieb, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität, die Erinnerung an Karl Hofbauer, den leiblichen Bruder des großen südmährischen Heiligen, während zwei Jahrhunderten lebendig.“
Weil uns das oben erwähnte Schreiben von Dr. Franz Kräuter, Bruder des damaligen Ordinarius und späteren Bischofs der Diözese Temeswar Sebastian Kräuter, in Kopie vorliegt, soll zum Schluss darauf Bezug genommen werden, zumal es Informationen über die Tätigkeit der Redemptoristen aus der Wiener Provinz enthält. Kräuter weiß zu berichten, dass er selbst als Kind eine Volksmission der Redemptoristen-Patres Bruno Marx und Alois Schwarz in seinem Heimatort Nitzkydorf erlebt und diesen zusammen mit seinem Bruder ministriert und dass er im Sommer 1939 dem damaligen Bischof Augustin Pacha am Clemens-Maria-Hofbauer-Altar in der Kirche Maria Stiegen als Ministrant gedient habe. (Franz Kräuter besuchte von 1939 bis 1941 als Zögling des erzbischöflichen Alumnats die Wiener Universität.)
Überdies erwähnt er in seinem Schreiben, dass die Redemptoristen auch in Jahrmarkt 1925 Missionen gehalten haben und zitiert in diesem Zusammenhang einen Eintrag in der Pfarrchronik, vorgenommen vom Ortspfarrer Nikolaus Anton nach einer Mission der Jesuiten im Jahr 1937: „Meiner bescheidenen Meinung nach sind diese reichsdeutschen Missionare für unser Banater Volk nicht geeignet.“ Sie meinten, die Banater Schwaben ebenso pastorieren zu können wie die Reichsdeutschen und berücksichtigten dabei nicht „den Unterschied in Kultur“ wie auch die Tatsache, dass die Gläubigen „Agrarleute“ sind und keine Fabriksarbeiter und Gewerbetreibende. Zudem sei ihre Aussprache den hiesigen Gläubigen fremd. „Alles in allem würde ich meinerseits für unser Volk die Redemptoristen, wie ich sie im Jahre 1925 gehabt habe, den reichsdeutschen Jesuiten vorziehen“, vermerkt Pfarrer Anton. Dazu Pfarrer Kräuter: „Will nicht die Jesuiten kritisieren, sondern nur das Lob der Redemptoristen hervorheben.“

Von Walter Tonţa

Erschienen in: ”Banater Post”, Zeitung der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Jahrgang 64, Nummer 11-12, München, 15 Juni 2020, S. 19-20

(Quelle Titelfoto: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wien_Maria_am_Gestade_Hofbauer_Reliquiar.jpg)