Maria Radna feiert heuer ein doppeltes Jubiläum: 500 Jahre seit der Errichtung der ersten Kapelle im damaligen Weinberg, am Ort der jetzigen Wallfahrtskirche, aber auch 200 Jahre seit der Kosekrierung des Gotteshauses durch den Erzbischof von Gran/Esztergom, durch den damaligen Fürstprimas Alexander Rudnay. Auch wenn die Gesundheitsvorschriften keine grossen Feierlichkeiten erlauben, kann der historische Moment nicht unmarkiert bleiben.
Die Ereignisse der Vergangenheit werden in schriftlichen Chroniken aufbewahrt; Augenzeugen sprechen am authentischsten über die jüngsten und gegenwärtigen Ereignisse. Die nächsten Seiten enthalten die Worte unterschiedlichen Menschen: Gottesdiener, ältere Menschen, die an ihrer Religion festhalten, junge Menschen, die im Glauben aufwachsen, Bewahrer unserer gemeinsamer Feste und Pilger am jahrhundertealten Gnadenort von Maria-Radna.
Mein Name ist Marianne Hellstern, geboren in Sanktanna, Kreis Arad wo ich auch lebe und arbeite. Seid November 1992 versehe ich den Dienst des Organisten in der Mutter Anna Kirche in Sanktanna. Mit der Zeit übernahm ich auch weitere Aufgaben: als Pfarramtssekretärin und „Mädchen für alles“ in der Pfarrgemeinde.
– Als Musiker und Organistin sind Sie eine Verehrerin der Muttergottes von Radna. Was ist Ihre erste Kindheitserinnerung an diesen heiligen Ort? Mit wem sind Sie zuerst nach Radna gefahren?
– In Sanktanna war es Tradition dass am 23.08 – 24.08 die grosse Wallfahrt nach Maria Radna stattgefunden hat. Als Kind war ich oft zu Fuss unterwegs mit meinen Eltern, Bruder und Grosseltern nach Radna. Am Vorabend der Wallfahrt war Beichtgelegenheit in der Kirche, wo grosser Andrang war. Danach ging jeder zu dem Fuhrmann mit dem er sein Gepäck nach Radna mitschicken wollte, um es auf dem Pferdewagen, der mit einer Plane abgedeckt war zu stappeln, damit in der Früh alles fertig für die grosse Wallfahrt war. Meistens um 4 Uhr Morgens war die Heilige Messe, wo alle Pilger dabei waren, nach der Messe ging es mit Glockengeläut, Blasmusik in Prozesion gefolgt von bis zu 10-15 Pferdewagen bis zum Friedhof wo neben dem Weg ein Kreuz und 2 Kapellen stehen. Da wurde gesungen und gebetet, wonach die Pilger über die Stoppelfelder zu Fuss nach Radna aufgebrochen sind. Mit sich trug man nur das notwendigste, Essen und Wasser. Die Pferdewagen gingen über Hellburg / Șiria, der Strasse nach, bis Ghioroc. In Ghioroc gab es im Kirchhof Mittagspause, wonach der Weg weiter über den Berg bis Radna ging. Am Fusse des Berges, wo die Marienkapelle steht, warteten die Pferdewagen. Da wurden die Marienmädchen angezogen, Musikinstrumente ausgepackt und es ging mit Gebet und Gesang auf der Strasse weiter bis zur Kirche in Radna. Ankunft in Radna war meistens am Nachmittag um 17.00 – 18.00 Uhr. Die Pilger wurden von dem Pfarrer empfangen, wo es dann eine Messe und Kreuzkuss gab. Nach einem langen Tag, und müder Füsse, gingen die Pilger zu den Unterkunften, die man vorher schon gemietet hatte. Am Abend wurde zusammen noch gesungen und gebetet, bis alle in einen tiefen Schlaf fielen.
– Wann haben Sie zum ersten Mal in Radna an der Orgel gespielt oder zusammen mit den Pilgern auf dem Kreuzweg gebetet? Was haben Sie in diesen Momenten gefühlt?
– Als Organistin ging ich fasst jährlich mit nach Radna, begonnen mit 1993, wo ich dann gemeinsam mit dem Chor aus Sanktanna die heilige Messe, zu Ehren der Muttergottes aus Radna, singen und mit der Orgel begleiten durfte.
– Welches war das erste Marienlied, das Sie dort gesungen haben? Welches Lied ist Ihrer Seele näher?
– Mein liebstes Marienlied, dass ich sehr gerne singe und an der Orgel spiele, ist ,,O Maria hilf doch mir, sieh es fleht ein Kind zu dir…“ In Radna zum Abschluss der Wahlfahrt, an der Grotte der Muttergottes, wurde zum Schluss das Lied gesungen ,,O Mutter Maria wir scheiden von dir.“ Diese beiden Marienlieder singe ich bis heute noch sehr gerne bei den Maiandachten.
– Im Laufe der Jahre haben Sie in Radna verschiedene Pilger und Gruppen von Gläubigen getroffen, die jeweils in ihrer eigenen Sprache singen und beten. In welcher Beziehung stehen Sie zu diesem Reichtum an Sprachen, musikalischen Schätzen und Gebeten, die hier gesprochen werden? Natürlich haben Sie Lieder gehört, die in anderen Sprachen gesungen wurden, deren Text Ihnen jedoch in Ihrer Muttersprache bekannt ist.
– Oft war ich auch am 15. August zu Mariä Himmelfahrt oder am 8. September zu Mariä Geburt als Pilgerin in Maria Radna. An solchen grossen Feste waren immer sehr viele Pilger in Radna, die verschiedenen Etnien angehörten. Das schönste aber war, im Gesang sprachen alle die gleiche Sprache.
– Haben Sie Pilgergruppen im Laufe der Zeit zu Fuß oder mit Bus, Bahn oder auf andere Weise begleitet? Welche Erinnerungen haben Sie, welche Erfahrungen, ihre Atmosphäre?
– Im laufe der Jahre seid ich Organistin bin, wurde die Pilgerzahl immer geringer. Da fuhr man nach Radna schon mit den Kleinwagen oder Busse. Aber auch auf diesen Fahrten war es immer schön, da gemeinsam gesungen und Gebetet wurde bis Radna.
– Die Atmosphäre der Wallfahrten nach Maria Radna ist eine besondere, manchmal sehr abwechslungsreiche. Welche ist die Begebenheit, die Ihnen in Erinnerung geblieben ist und Sie beeindruckt hat?
– Als bei manchen Wallfahrten das Marienlied ,,Die Glocken verkünden“ angestimmt wurde, sang jeder in der Basilika, die Strophen des Liedes in seiner Sprache. Den Refrain sangen alle im Chor gemeinsam ,,Ave, ave, ave Maria.“ Das war sehr ergreifend, und rührte einem bis zu den Tränen, wenn hunderte von Menschen gemeinsam zur Mutter Gottes von Radna flehten.
– Was bedeutet Maria Radna für Sie?
– Für mich persönlich ist Maria Radna der schönste Wallfahrtsort der mich seelisch sehr berührt. Es ist immer wieder schön den vertrauten Ort zu besuchen, im Gesang und Gebet oder auch in Ruhe dort zu verharren.
– Das Pressebüro der Diözese Temeswar bedankt sich herzlichst für das Gespräch!