Maria Radna feiert heuer ein doppeltes Jubiläum: 500 Jahre seit der Errichtung der ersten Kapelle im damaligen Weinberg, am Ort der jetzigen Wallfahrtskirche, aber auch 200 Jahre seit der Kosekrierung des Gotteshauses durch den Erzbischof von Gran/Esztergom, durch den damaligen Fürstprimas Alexander Rudnay. Auch wenn die Gesundheitsvorschriften keine grossen Feierlichkeiten erlauben, kann der historische Moment nicht unmarkiert bleiben.
Die Ereignisse der Vergangenheit werden in schriftlichen Chroniken aufbewahrt; Augenzeugen sprechen am authentischsten über die jüngsten und gegenwärtigen Ereignisse. Die nächsten Seiten enthalten die Worte unterschiedlichen Menschen: Gottesdiener, ältere Menschen, die an ihrer Religion festhalten, junge Menschen, die im Glauben aufwachsen, Bewahrer unserer gemeinsamer Feste und Pilger am jahrhundertealten Gnadenort von Maria-Radna.

Endre Gyulay (geb. 1930 zu Battonya) ist emeritierter Bischof der Diözese Szeged-Tschanad. Er studierte zwischen 1948-1953 an der Theologischen Fakultät in Szeged/ Segedin und wurde am 4. Juni 1953 in der Kathedrale dieser Stadt zum Priester geweiht. Am 6. Juli 1987 wurde er zum Bischof geweiht. Als Anerkennung seiner Arbeit wurde Bischof Gyulay am 21. Mai 2000 zum Ehrenbürger der Stadt Szeged ernannt.

– Im Laufe der Jahre konnten wir Sie viele Male in unserer Mitte begrüßen und willkommen heissen. Wir, die hier leben, fühlen uns mit Ihnen geistlich verbunden. Bitte erzählen Sie uns wann haben Sie zum ersten Mal Maria-Radna besucht und wie hat dieser Wallfahrtsort auf Sie gewirkt?
– Ich wurde in Battonya geboren, in einem Ort und in einer Zeit, wo die Ereignisse der Vergangenheit noch relativ frisch in Erinnerung geblieben sind, und zwar, die aus der Zeit der alten Diözese Tschanad… Damals pilgerten die meisten unserer Gläubigen zu Fuß oder mit Pferdewagen von Szeged oder aus der Umgebung nach Radna. Ihre erste Raststätte war normalerweise bei uns in Battonya. Dank der eindrucksvollen Geschichten dieser Menschen ist meine erste Begegnung mit dem Wallfahrtsort entstanden. Der Vertrag von Trianon und später die historisch-politische Situation erlaubten mir nicht allzu früh Radna persönlich zu besuchen. Erst später, als ich bereits Bischof war und als ich die Grenze relativ frei überqueren konnte, bzw. mich vielleicht unterwegs nach Klausenburg befand, habe ich meine Reise unterbrochen und die Wallfahrtskirche von Radna besucht. Nach einem Moment des persönlichen Gebets wollte ich auch den Ortspfarrer kennenlernen. Leider fand ich damals in Radna ein heruntergekommenes Klostergebäude rund um die Kirche. Der Pfarrer hingegen war sehr freundlich, er hat mir viele Heiligenbildchen geschenkt und Gläser und Schalen, die mit dem Marienbild des Wallfahrtsortes geschmückt waren. Ich benutze heute noch, jeden Tag, einen davon, deshalb denke ich auch oft an Unsere Liebe Frau von Radna. Später, als ich wieder mal dorthin fuhr, betrat ich öfters die Kirche. Ich war erfreut zu sehen, dass die Ruinen verschwunden sind und auch die massive Restaurierung der Kirche abgeschlossen werden konnte.

– In wie weit ist die Beziehung zwischen den beiden Diözesen, Temeswar und Szeged-Tschand, und den Gläubigen durch den Sanktuar und die Pilgerfahrten von Radna unterstützt ?
– Einmal fuhren wir mit einem Bus von der Kathedrale von Szeged nach Radna und mussten sehr lange an der Grenze warten. Als wir nach Hause zurück kamen, erfuhren wir dass Papst Johannes Paul II. sein irdisches Leben beendete. Seit mehr als zehn Jahren treffen wir uns montags mit einer kleinen Gruppe und befassen uns mit dem Studium der Heiligen Schrift. Die Mitglieder dieser Gruppe hatten die Idee, einen Tag, gemeinsam in Maria Radna zu verbringen. Ich habe dort die Hl. Messe zelebriert. Der Kreuzweg war damals schwer zu erreichen, da gerade die Renovierungsarbeiten im Gange waren. Wir mussten das geschloßene Baugelände umgehen, um zu verhindern, dass uns etwas auf dem Kopf fällt – aber, auch das gelang uns schließlich. Diese Pilgerreise hat in uns allen echte Ehrfurcht geweckt.

– Haben Sie persönliche Erfahrungen mit Máriaradna und welche Freundschaften pflegen Sie auch nach Ihrer Pensionierung?
– Auf einer Pilgerreise nach Radna lud mich der Pfarrer des Wallfahrtsortes ein, der Hauptzelebrant der Hl. Messe zu sein. Als ich mit meinem Auto von der Landesstraße, in Richtung Kirche, abbiegen wollte, forderte mich der Polizist auf, weiterzufahren. Ich wollte ihm sagen, dass dann ohne mich hier nicht viel passieren wird… Er winkte nur, um weiterzufahren. Ich fuhr noch etwa fünfzig Meter und wendete, so daß ich mich auf der Seite befand, von wo es erlaubt war, zur Kirche zu fahren. Ich war tief beeindruckt von der Menge und dem Eifer der dort versammelten Gläubigen. Wenn ich mich recht erinnere, fand meine letzte Wallfahrtsreise 2015, nach der Renovierung der Basilika, anlässlich der feierlichen Segnung der Kirche statt. Es war wunderbar, den Unterschied zwischen dem ersten und dem letzten Besuch zu sehen und die Fürsorge des Bischofs zu spüren, um diesen Wallfahrtsort Unserer Lieben Frau würdig zu erhalten. Die Liebe zur Gottesmutter Maria darf nicht aus unseren Ungarn verschwinden!

– Das Pressebüro der Diözese Temeswar bedankt sich herzlichst für das Gespräch!