In der christlichen Liturgie weiht der Bischof einer Diözese traditionell in der Karwoche, in den drei heiligen Tagen vor der Auferstehung, die Heiligen Öle, die für die Taufe, die Firmung, die Priesterweihe, die Weihe einer Kirche oder einer Glocke, bzw. für die Krankensalbung verwendet werden. Die große Territorialabtei von Pannonhalma / St. Martinsberg in Ungarn, mischt in ihrer eigenen Kräuterfabrik (Officina Sancti Martini) Heilige Öle mit verschiedenen Essenzen und Aromen.
Diese Tradition geht auf die Zeit des Alten Testaments zurück, auf die Zeit des Buches Exodus (Ex 30,22-38). Hier finden wir das Rezept für die «heilige Salbe», das Gott dem Mose gibt: «Der Herr sprach zu Mose: Nimm dir Balsam von bester Sorte: fünfhundert Schekel erstarrte Tropfenmyrrhe, halb so viel, also zweihundertfünfzig, wohlriechenden Zimt, zweihundertfünfzig Gewürzrohr und fünfhundert Zimtnelken, nach dem Schekelgewicht des Heiligtums, dazu ein Hin Olivenöl, und mach daraus ein heiliges Salböl, eine würzige Salbe, wie sie der Salbenmischer bereitet! Ein heiliges Salböl soll es sein.» Auch das Rezept für eine andere Mischung von Duftölen wird in der Schrift an anderer Stelle wie folgt mitgeteilt: «Der Herr sprach zu Mose: Nimm dir Duftstoffe, Staktetropfen, Räucherklaue, Galbanum, Gewürzkräuter und reinen Weihrauch, von jedem gleich viel, und mach Räucherwerk daraus, ein Würzgemisch, wie es der Salbenmischer herstellt, gesalzen, rein und heilig!»
Chrisam (Oleum ad Sanctam Chrismam)
Das ursprüngliche Rezept für die Mischung des „heiligen Balsams“ findet sich in Exodus Kapitel 30, Verse 22-38. Dieses Öl wird heute beispielsweise für die Salbung, die Priesterweihe, die Weihe von Kirchen und von Glocken verwendet. Seine Hauptbestandteile sind Myrrhe und Weihrauch, die in der Antike am wertvollsten waren, sowie verschiedene Arten von Zimt und ätherisches Zedernöl, das typisch für das Libanongebiet ist. Eine weitere besondere Zutat in der Mischung ist das Öl der Spikarde, das sowohl in der Antike als auch heute als sehr kostbar und besonders gilt. Es ist wahrscheinlich, dass dieses kostbare ätherische Öl von Maria verwendet wurde, um die Füße Jesu beim Mahl in Bethanien zu salben (Johannes 12,1-5).
In der Antike und sogar im Mittelalter waren ätherische Öle aus dem Fernen Osten und dem Mittelmeerraum nicht erhältlich, so dass wahrscheinlich ätherische Öle aus lokal angebauten Pflanzen oder aus der europäischen Wildflora zur Mischung von Chrysma verwendet wurden. Aufgrund seiner lokalen Bedeutung ist das ätherische Öl des Lavendels eine der Zutaten, die heute für die Mischung des heiligen Chrisams verwendet werden.
Öl der Kranken (Oleum Infirmorum)
In der Antike waren Hautkrankheiten und Austrocknung der Haut aufgrund der hygienischen Verhältnisse weit verbreitet. Viele ätherische Öle haben entzündungshemmende und antiseptische Eigenschaften und wurden bereits von den alten Menschen entdeckt. Heute ist ihre heilende und wohltuende Wirkung wissenschaftlich erwiesen. Pflanzliches Olivenöl, das mit ätherischen Ölen gemischt ist, wurde zum Einreiben der Haut oder als Massageöl verwendet. Das geweihte Öl, das in Verbindung mit einem speziellen Gebet verwendet wurde, war ursprünglich funktionell und hatte eine physisch-medizinische Funktion, aber seine Verwendung wurde mehr zu einem Ritual, wobei es teilweise seinen primären medizinischen Zweck verlor. Nach der Überlieferung sind die Hauptbestandteile des Krankenöls Sandelholz, Ysop, Myrrhe, Balsamessig und Galbanum.
Kathekumen-Öl (Oleum Cathecumenorum)
Im frühen Christentum war die Erwachsenentaufe üblich, d. h., die Menschen wurden erst als Erwachsene und nicht als Kinder in den christlichen Glauben eingeführt. Bei der Taufe wurden die Körper der Täuflinge (Katechumenen) mit Öl gesalbt, damit der Böse nicht an die bereits Getauften herankommen konnte. Eine frühere Analogie war die Methode der griechischen Krieger, deren Körper mit Pflanzenöl gesalbt wurde, um zu verhindern, dass die Gegner Hand an sie legten und sie besiegten. Nach christlicher Tradition und Praxis wurde bei der Taufe hauptsächlich unvermischtes Pflanzenöl (Olivenöl) verwendet, aber auch Myrrhe oder Weihrauch mit heiliger Bedeutung hinzugefügt.
Heilige Öle hatten sowohl einen alltäglichen als auch einen sakralen Charakter. Ihre Verwendung und ihr Zweck änderten sich im Laufe der Jahrhunderte mit der Ausbreitung des Christentums, als sich der Initiationsritus oder das Sakrament der Taufe vom funktional-physischen zum spirituellen Bereich verlagerte. Auch heute noch sind diese heiligen Öle von einem starken Attribut der Heiligkeit, der Ehre, der Initierung und der Weihe geprägt.
Quelle: pannonhalmifoapatsag.hu