Antike Tradition der römischen Kirche
Während der Novendiales wird für das Seelenheil des verstorbenen Papstes gebetet. An neun aufeinanderfolgenden Tagen werden Heilige Messen gefeiert, zu denen jeweils eine besondere Gruppe eingeladen ist. Der Brauch reicht weit zurück.
Mit dem Begriff Novene können viele Katholiken wahrscheinlich noch etwas anfangen. Das Wort bezeichnet eine Andacht, die an neun aufeinanderfolgenden Tagen gehalten wird. Der Ausdruck Novendiales steht für etwas ganz Ähnliches – dürfte den meisten Gläubigen jedoch unbekannt sein.
Die Novendiales (oder Novemdiales) bezeichnen die neun aufeinanderfolgenden Heiligen Messen zum Gedenken an einen verstorbenen Papst. Sie stehen damit für die neuntägige Trauerzeit – die Novendiale –, die mit dem Tag der Beisetzung des Kirchenoberhaupts beginnt.
Die Novendiales gehen auf die antike römische Tradition der neuntägigen Trauerzeit nach dem Tod eines Menschen zurück. Der neunte Tag wurde „coena novendialis“ genannt. Die römische Kirche griff diese heidnische Tradition für alle Gläubigen auf, aber besonders nach dem Tod eines Papstes.
Spätestens seit dem Jahr 1073 können die Novendiales als fester Bestandteil der Riten vor einer Papstwahl gelten. Knapp 200 Jahre später verfügte Papst Gregor X. (1271-76) auf dem Zweiten Konzil von Lyon (1274), dass die anwesenden Kardinäle nach dem Tod eines Papstes mindestens zehn Tage warten müssen, um ein neues Kirchenoberhaupt zu wählen. Sie sollten diese Zeit nutzen, um für das Seelenheil des verstorbenen Pontifex zu beten.

„Umfang des Dienstes und Universalität der Kirche“
In seiner 1996 veröffentlichten Apostolischen Konstitution „Universi Dominici gregis“ zu Sedisvakanz und Papstwahl schrieb Papst Johannes Paul II. (1978-2005) dieser Tradition folgend die Novendiales nach einem Papsttod verpflichtend vor. Das Konklave darf erst nach dieser Trauerzeit stattfinden, in der an neun Tagen Gottesdienste für einen verstorbenen Papst gefeiert werden. Diesen Eucharistiefeiern im Petersdom stehen abwechselnd unterschiedliche Kardinäle vor. Nur Kardinäle dürfen bei ihnen konzelebrieren.
Die Messfeiern sind zwar für alle Gläubigen geöffnet, es ist jedoch immer eine besondere Personengruppe aus dem Umfeld des Papstes zur Teilnahme aufgerufen. Der vorstehende Kardinal hat in der Regel eine besondere Verbindung zu der jeweiligen Personengruppe. Dadurch sollen „der Umfang des Dienstes des höchsten Hirten und die Universalität der Kirche von Rom“ ausgedrückt werden, wie es im vatikanischen Regelwerk für Papstbegräbnisse heißt, dem „Ordo Exsequiarum Romani Pontificis“.

Die Tage, Messen und besonderen Gruppen
Die erste Messe der Novendiales für den verstorbenen Papst Franziskus ist das Requiem, das am Samstag um 10 Uhr auf dem Petersplatz gefeiert wird, teilte das römische Nachrichtenportal „Vatican News“ mit. Die zweite Eucharistiefeier findet am Sonntag ebenfalls auf dem Petersplatz statt. Sie wird dort um 10:30 Uhr gefeiert. Kardinal Pietro Parolin, bis zum Eintritt der Sedisvakanz Kardinalstaatssekretär, steht der Messe vor; zur Teilnahme sind vor allem die Angestellten und Gläubigen aus dem Staat der Vatikanstadt aufgerufen.
Dem dritten Gottesdienst für Franziskus am Montag um 17 Uhr in Sankt Peter steht Kardinal Baldassare Reina vor, der Generalvikar des Papstes für die Diözese Rom. Entsprechend sind die Katholiken aus der römischen Ortskirche zum Kirchgang aufgerufen. Auch alle weiteren Messfeiern finden um 17 Uhr im Petersdom statt. Am vierten Tag (Dienstag) wird die Heilige Messe von Kardinal Mauro Gambetti gefeiert, dem Erzpriester der Vatikanbasilika. Eingeladen sind besonders die Mitglieder der Priesterkollegien bzw. Kapitel der päpstlichen Basiliken.
Der fünfte Gottesdienst wird am Mittwoch von Kardinal Leonardo Sandri zelebriert, dem Vize-Dekan des Kardinalskollegiums. Er richtet sich in besonderer Weise an die Mitglieder der sogenannten Päpstlichen Kapelle. Damit gemeint sind vor allem die engsten Mitarbeiter des verstorbenen Papstes, also die Kardinäle, die Patriarchen, die Erzbischöfe, die während Franziskus‘ Pontifikat Leitungspositionen in der Kurie innehatten, und die Sekretäre der Dikasterien.

Generalkongregation an jeden Tag der Sedisvakanz
Der sechsten Eucharistiefeier für das Seelenheil von Franziskus am Donnerstag steht der Camerlengo vor, der Kardinalkämmerer Kevin Farrell. Zur Messe eingeladen sind vor allem die Angehörigen der römischen Kurie. Am siebten Tag (Freitag) der Novendiales feiert der bisherige Präfekt des Dikasteriums für die orientalischen Kirchen, Kardinal Claudio Gugerotti, die Heilige Messe. Mitglieder der Ostkirchen sind vor allem dazu eingeladen. Die achte Messfeier (Samstag) wird von Kardinal Ángel Fernández Artime zelebriert, dem emeritierten Pro-Präfekten des Ordensdikasteriums. Eingeladen sind besonders Ordensleute und Mitglieder von Gemeinschaften des geweihten Lebens.
Am neunten und letzten Tag der Novendiales am Sonntag steht Kardinal Dominique Mamberti der Eucharistiefeier vor. Der französische Geistliche ist Protodiakon des Kardinalskollegiums und wird in dieser Funktion voraussichtlich den Namen des neuen Papstes nach dem anstehenden Konklave verkünden. Eingeladen ist laut „Vatican News“ im Besonderen wieder die Päpstliche Kapelle. Bei den Novendiales nach dem Tod von Johannes Paul II. waren an diesem Tag besonders alle bereits zur Papstwahl nach Rom angereisten Kardinäle eingeladen.
Am darauffolgenden Montag, dem 5. Mai, könnte das Konklave zur Wahl eines Nachfolgers für Papst Franziskus beginnen. Während der Tage der Novendiales treffen sich die Purpurträger wie an jedem Tag der Sedisvakanz zu einer Generalkongregation, um die Geschicke des Vatikan zu leiten und das Konklave vorzubereiten. Deshalb werden diese Treffen manchmal auch Vor-Konklave genannt.

Quelle: www.domradio.de

Foto: www.vaticannews.va/de