Im August 1948 wurde in unserem Land, also in den ersten Jahren der atheistisch-kommunistischen Diktatur, die edle Erziehungsaufgabe durch den Staat der Kirche entzogen. Auch hier, in Temeswar, mussten das Piaristen-Lyzeum (=Gymnasium) und die Schulen der Schwestern Unserer Lieben Frau (Notre-Dame) ihre Türen schliessen. Die Jahrhunderte alte Tradition des kirchlichen Bildungswesens hörte auf einmal auf. Die Gebäuden wurden verstaatlicht. Die Ordensmänner und die Schwestern wurden entlassen – noch mehr: sie mussten ihre Ordenskleidung aufgeben. Die kirchliche Erziehung erlebte Jahre der fast totalen Zerstörung und Zerstreuung. Die Flamme der Hoffnung wurde von Kirchenleute weiter getragen, die ihrer erzieherischen Arbeit beraubt worden waren, älter wurden und doch, irgendie, irgendwo weiter gemacht haben. Die Kirche erlebte diese Zeit genauso wie das jüdische Volk im Alten Testament, während der bitteren Jahrzehnten des babylonischen Exils. Der Feind besetzte Jerusalem, nahm dem Volke die Eliten weg und zerstörte den Tempel.
Die Kirche begrüßte die Wende von 1989 und sah es als eine Rückkehr des auserwählten Volkes aus der babylonischen Gefangenschaft an. Die Stadt und die Kirche lagen in Trümmern. Es war schwer neu zu beginnen. Die katholische Schule – als Grundgedanke – musste ebenfalls aus verstreuten Steinen wieder aufgebaut werden. Am 29. April 1991 gab das Bildungsministerium von Bukarest den Gründungsbrief heraus, wonach das „kleine Seminar“, später Gerhardinum-Lyzeum genannt, mit moralischer und finanzieller Unterstützung der Römisch-Katholischen Diözese Temeswar geboren wurde. Dementsprechend gab es eine offizielle, vom Staat erlassene Gründungsurkunde, aber kein Schuldebäude, keinen Lehrer und keinen Schüler. Trotzdem, es gab das Wichtigste: der Glaube an die Fürsorge Gottes. Im September 1992 nahm die Schule ihren Lehrbetrieb auf.

Was ist aus dieser Schule geworden?
Aus einer 30-jährigen Perspektive können wir sagen, dass unsere Schule eine große Familie geworden ist, die zugleich keine einfache Gemeinschaft ist. Wir übernehmen Verantwortung füreinander, vor Gott und vor den Menschen. Wir kennen uns. Wir versuchen, sowohl in Freude als auch im Trauer, Seite an Seite zu stehen. Wir sind ein Teil des Lebens des Anderen und erleben so, gemeinsam, die harte Arbeit des Alltags und die gehobene Atmosphäre der festlichen Momente. 

Warum gibt es diese Schule?
Die Hauptaufgabe unseres Lyzeums ist es, die Frohbotschaft unseres Herrn Jesus Christus, das Evangelium, durch Bildung zu vermitteln. Im Gerhardinum kann sowohl ein Kind aus einer religiösen Familie die Tiefe des Glaubens entdecken, als auch der junge Mensch, der gleichgültig gegenüber der Kirche lebt und hier die Möglichkeit eine Gemeinschaft zu finden hat. Das wichtigste ist, die Lebensfreude eines Menschen zu erleben, ihn eng mit Gott in berührung zu bringen und ihn zu helfen seine eigene, von Gott gegebene Mission zu entdecken.
Heutzutage erleben wir einen Identitätsverlust. Wir geben leicht die konfessionelle Gemeinschaft, die nationale Identität, unsere eigene Kultur und unsere Muttersprache auf. Unsere Schule möchte diesen Prozess bremsen und so gut wie möglich umkehren, damit die Kinder, Jugendlichen und Familien ihren christlichen Glauben erhalten können. Es stärkt Schüler ungarischer, rumänischer, deutscher, slowakischer, tschechischer, bulgarischer, kroatischer und Roma-Herkunft, die unsere Schule besuchen, ihre Wurzeln anzunehmen.
Gerhardinum wurde vor 30 Jahren von der Kirche und vom Staat gegründet. Aus den Ruinen des alten, traditionsreichen Piaristen-Lyzeums und der vielen, berühmten Schulen der Notre-Dame-Schwestern musste man eine neue katholische Schule bauen. Diese neue Bildungseinrichtung tut ihre Arbeit durch die Gnade Gottes. Es baut die Mauern Jerusalems wieder auf, die einst abgerissen wurden, um eine starke Festung für die kommenden Generationen zu schaffen. Gott sei Dank dafür und für alle unzähligen wohlmeinenden Menschen!
Pfr. Zoltán-József Kocsik, Schuldirektor und Ilona Jakab, stellvertretende Direktorin