Einführung
In den Jahren 2019–2020 wurden mit Unterstützung des Forschungsinstitut für Nationale Strategie in Budapest zwei historische Fahnen von Vereinen und Zünften aus dem Banat, die in der römisch-katholischen Milleniums-Pfarrkirche zu Temeswar II. Fabrikstadt (gebaut 1896–1901), aufbewahrt werden, restauriert und konserviert: die Fahne des katholischen Gesellen-Vereins (1896, 1897) zu Temeswar-Fabrikstat (heute Kolping-Verein) und die Fahne und das Band der Temeswarer Kleiderhersteller (1895). Aufgrund der pandemiebedingten Reisebeschränkungen wurden beide Fahnen in den letzten zwei Jahren im Ethnografischen Museum in Szentendre aufbewahrt.
Sowohl die Fahnen, als auch das Fahnenband wurden Ende des 19. Jahrhunderts, in der Zeit der Doppelmonarchie, in Temeswar hergestellt. Der Verein der Katholischen Gesellen war ein Zusammenschluss junger Handwerker und Arbeiter mit dem Ziel, junge Männer für das Leben in einem religiösen, beruflichen, familiären, moralischen und sozialen Geist auszubilden. Ursprünglich ging diese Vereinigung aus einer deutschen Bewegung unter der Leitung des Pfarrers Adolf Kolping hervor. Er gründete 1849 den ersten katholischen Gesellenverein in Köln. Es folgten zahlreiche Gründungen in ganz Europa. In Temeswar wurde der Gesellenverein 1859 gegründet.
Der Katholische Gesellenverein wurde 1896 neu gegründet als Temesvár-gyarvarosi rom. kath.  Legenyegylet mit Mitgliedern überwiegend ungarischer Nationalität. Die Einweihung des Neubaus des Junggesellenvereins erfolgte am 6. Januar 1897. Belügyi Közlöny – die zweimal monatlich erscheinende Zeitung des Innenministeriums – gab in ihrer Ausgabe vom 15. Januar 1897 bekannt, daß die Satzung des Katholisches Gesellenvereins von Temeswar-Fabrikstadt eingetragen wurde. Im Jahr 1898 hatte der römisch-katholische Jugendverein von Temeswar-Fabrikstadt unter allen Vereinen die größte Mitgliederzahl mit mehr als 400 Personen.  In diesem Jahr gab es 71 Vereine in der Stadt; und weitere 15 Bestattungs- und Krankenhilfevereine. Bei der Neugründung des Vereins im Jahr 1924 wird angenommen, daß er die 1897 hergestellte Flagge nicht mehr verwendete. Es kann angenommen werden, daß sie Anfang der 1920er Jahre zur römisch-katholischen Milleniums-Pfarrkirche zu Temeswar II. Fabrikstadt überführt wurde.
Heute wird die Tradition des Verbandes der katholischen Gesellen durch den Zentralverband der Kolpingfamilien in Rumänien bewahrt und fortgeführt. Die Organisation wurde 1994 ebenfalls in Temeswar gegründet.
Die zweite Flagge gehörte den Kleiderherstellern von Temeswar. Ein Zunftsiegel aus dem Jahr 1816 beweist, daß es in Temeswar eine Zunft der Weber gab. Mit dem Gesetz Nr. VIII von 1872 wurde die Organisierung von Zünften im Königreich Ungarn abgeschafft, so daß die Zunft der Kleidershersteller in Temeswar weiterhin als Industrieverband fungierte, ähnlich wie andere Zunftschaften. Das Gründungsdatum der Vereine lässt sich nicht in jedem Fall genau bestimmen, die verfügbaren Quellen nennen oft unterschiedliche Angaben. Meist nennen sie das Jahr, in dem die Vereinsstatuten oder auch ihre geänderten Statuten genehmigt und amtlich eingetragen wurden. Laut den Satzungen des eingetragenen Vereins wurde 1883 der Industrieverband der Schneider von Temeswar und 1894 der Schneider Berufsbildungsverein von Temeswar gegründet. Die Fahne der Konfektionäre von Temeswar könnte einem der beiden Vereine gehört haben.

Die Fahne der katholischen Gesellen von Temeswar (1896, 1897)
Die Fahne hat zwei Seiten: eine Seite ist aus weißer Seide, die andere Seite aus rot-weiß-grüner Seide. Beide sind mit Baumwoll- und Leinenstoff gefüttert. Beide Seiten sind mit Metallfaden und Seidenfaden bestickt, in der Mitte befindet sich eine applizierte Stickerei, die von einem goldenen Band umgeben ist. Die Figuren werden mit konvexen Stickereien aus Papierstücken hergestellt. Auf der weißen Seite befindet sich die Inschrift: „Hl. Joseph, Schutzpatron unserer Vereinigung, bete für uns!“  „Fund:” „1896” („Szt. József egyletünk védőszentje. Könyörögj érettünk!“ „Alap:” „1986”) – bezieht sich auf das Gründungsjahr. Der mittlere, aufgesetzte Teil zeigt den Heiligen Josef mit dem Jesuskind. Auf der anderen Seite der Fahne, die in den ungarischen Nationalfarben gehalten ist, sind der Name der Vereinigung und ein Datum zu lesen („Gott segne die ehrbare Industrie! Temeswar-Katholischer Gesellenverein, 7. Juni 1897“) („Isten áldja a tisztes ipart! Temesvár-gyárvárosi Kath. legényegylet, 1897. jún. 7.“). Das zentrale Medaillon stellt einen Handwerker mit Werkzeug dar, den Jesus benediziert. Das letztere Datum bezieht sich auf den Zeitpunkt, an dem die Flagge gespendet wurde.

Fahne und Fahnenband der Temeswarer Kleiderhersteller (1895)
Die Fahne ist aus Samt, mit Baumwoll- und Leinenstoff gefüttert. Beidseitig mit Metall- und Seidenfäden bestickt, in der Mitte mit einer applizierten Stickerei versehen und von einem goldenen Band umgeben. Die Figuren werden mit konvexen Stickereien aus Papierstücken hergestellt. Auf einer der Seiten ist die Aufschrift „A Temesvári Ruhakészítők“ (Verband der Temeswarer Kleiderhersteller) zu lesen, und in der Mitte des Medaillons ist die Heilige Krone Ungarns abgebildet, darunter zwei Lorbeerzweige, die mit goldenem Metallfaden gestickt sind. Das Thema deutet auch darauf hin, daß die Flagge während des Millenniums hergestellt wurde. Auf der anderen Seite sind in der Mitte der Hl. Johannes der Täufer (der traditionelle Schutzpatron der Schneider, Lederer und Lederverarbeiter) und Jesus Christus abgebildet. In der Szene tauft der Hl. Johannes Jesus Christus. Der zentrale Teil wird von der Jahreszahl 1895 eingerahmt.
Das Band der Fahne ist aus Seide mit Baumwoll- und Leinenstoff gefüttert und in zwei Teilen genäht und gefüttert. Der obere Teil ist mit einem Band in Form einer Schleife und einer konvexen Stickerei mit Metallfaden verziert. Die Ränder sind von einer gedrehten Schnur umgeben. Der geschwungene untere Teil ist mit einer Metallfadenfranse versehen. Die Bänder tragen eine mit Metallfaden gestickte Inschrift mit dem Namen des Spenders und mit dem Schenkungsjahr: „Klemm Julianna 1895, Verein der Kleiderhersteller Temeswar“ („Klemm Julianna 1895, A Temesvári Ruhakészítők“).

Konservierung
Die grundlegende Konservierung und Restaurierung der Fahnen wurde von Andrea Kágerné Juhász, Textil- und Lederrestauratorin durchgeführt. Die Arbeiten dauerten acht Monate. Vor Beginn der Arbeiten befanden sich alle drei Objekte in einem sehr schlechten Konservierungszustand. Die Grundstoffe waren verfärbt, zerrissen, unvollständig und stark verschmutzt, die Materialien waren ausgefranst und rissen bei Berührung. Nach teilweiser Trennung der beiden Fahnenseiten wurden die Stoffe mit einem Handstaubsauger durch ein Tüllnetz hindurch abgestreift und durch Abtupfen mit einer Reinigungslösung (Alkohol–Wasser, Benzin–Wasser 1: 3) gereinigt. Letzteres wurde durch die Ergebnisse des Farbstoffbleichtests gerechtfertigt, da sich die Textilfarbstoffe selbst bei geringstem Feuchtigkeitsgehalt auflösten. Die Methode des Besprühens mit weichem Wasser und des Einweichens in einer Reinigungslösung konnte nur das Fahnenband reinigen. Das Trocknen der Gewebe erfolgte in einer flachen, ausbalancierten Position und wurde mit einer Glasplatte fixiert, wodurch Verformungen korrigiert und reduziert werden konnten.
Auf die Reinigung folgte eine Stichkonservierung, bei der der Restaurator Trägermaterialien einarbeitete, um den Halt der losen Seiden- und Samttextilien, aus denen die Fahnen bestehen, zu stärken. Anschließend wurden die gerissenen Kanten der Textilien genäht und die durch das Nähen beschädigten Stellen verstärkt. Der schwache, fragmentierte Zustand der Seidentextilien erlaubte nur die notwendigsten, minimalen, winzigen Stiche entlang der Bruchlinien. Die flottierenden Fäden konnten mit einer Gesamtmasche fixiert werden.
Bei beiden Flaggen musste auf die für das bestickte Mittelteil vorgesehene Nahtkonservierung verzichtet werden, da die Textilien, Stickereien und Papierpolster sehr schwach waren und durch den bei der Produktion verwendeten Leim und Stärke mit der Zeit aushärteten. Aus diesem Grund spaltete sich auch ihr Material unter dem Einfluss einer Nadel weiter auf.
Abschließend wurde eine Schutzschicht aus transparentem Seidenkrepp auf die Grundstoffe aufgebracht – die gesamte Flagge inklusive der Mittelteile. Dieses konnte entlang der Umrisse der Motive mit kleinen Heftstichen fixiert werden.
Dank der Konservierung sind die Fahnen heute in einem guten Zustand. Sie können flach, liegend gelagert und transportiert werden. Für eine langfristige Lagerung und Ausstellung werden geeignete klimatische Bedingungen (20-22 Grad Celsius, 50-55% Luftfeuchtigkeit, ausreichender Schutz vor UV- und IR-Strahlung) und eine Beleuchtung von maximal 50 Lux empfohlen.

Literatur und Quellen
Eduard Dobre hat mir den 1859 verwendeten Namen, das Datum der Hausweihe 1897 nach der Neugründung, das Datum der Neugründung 1924 und die Nationalität der Mitglieder in jeder Epoche aus eigenen unveröffentlichten Recherchen zur Verfügung gestellt Ergebnisse. Auch ihm danke ich auf diesem Weg!
Balla Loránd: Temesvár egyesületei a dualizmus korában, különös tekintettel a regionális identitást előmozdító egyesületekre, Doktori értekezés, ELTE BTK, Budapest, 2017., p. 41., 42., 264., 269., 270.
Belügyi Közlöny, 1897., 2. szám (január 15.), p. 72–73.
Berkeszi István dr.: Temesvár szabad királyi város kis monographiája, Melléklet az „Orsz. Középisk. Tanáregyes. Közlöny XXXIII. évf. 36. számához, Temesvár kerületi tanári kör, Temesvár, 1900., p. 68., 103.
Borovszky Samu (szerk.): Magyarország vármegyéi és városai, Temesvár, ipar, kereskedelem, hitelügy és forgalom/ A czéhek (írta Lendvai Jenő), 1914., p. 267. arcanum.com
Kágerné Juhász Andrea és Kralovánszky Mária: A Temesvár–gyárvárosi történelmi zászlók konzerválási dokumentációja. Kézirat. Nemzetstratégiai Kutatóintézet, Budapest, 2020.
Lexikon.katolikus.hu „Katolikus Legényegylet”
Paládi-Kovács Attila (szerk.): Magyar Néprajz, VIII. kötet: Társadalom. A céhrendszer felbomlása és a kisipar jogviszonyainak átalakulása, Akadémiai Kiadó, Budapest, 1988–2002. arcanum.com
Romkat.ro 2021. „Kolping, ahol családra lelhetünk” december 12. Elérés: https://romkat.ro/2021/12/12/kolping-ahol-csaladra-lelhetunk/ (Letöltés ideje: 2022. augusztus 30.)
Vasárnapi Ujság, 1901., 48. évf. 43. szám., p. 692.

Ress Boglárka Historikerin
Forschungsinstitut für Nationale Strategie